Keine Konjunktur für Kiementräger

Fisch ist ein gesundes Lebensmittel. Wer beim Einkauf ein paar Regeln beachtet, kann nicht viel falsch machen

  • Hermannus Pfeiffer
  • Lesedauer: 3 Min.
Fisch ist lecker und gesund. Der Genuss wäre empfehlenswert, gäbe es nicht Meldungen über radioaktive Fische aus Japan, eine überdüngte Ostsee oder Fischarten, die vom Aussterben bedroht sind.

Deutschlands Bürger sind keine wirklichen Fischesser. Zwar hat der Konsum in der vergangenen Dekade zugenommen, aber international ist der Pro-Kopf-Verbrauch mit rund 15 Kilogramm eher mager. Franzosen verspeisen pro Jahr etwa 40 Kilo, Spanier gar 50 und Spitzenreiter in Europa sind die Isländer mit über 90 Kilogramm. Dabei machen hochwertiges Eiweiß und lebenswichtige Inhaltsstoffe in einer einzigartigen Kombination Fisch zu einem wertvollen Nahrungsmittel. Vor allem fettreiche Fische wie Makrele, Lachs oder Hering enthalten große Mengen der sogenannten Omega-3-Fettsäuren. Sie gehören zu den als gesund angesehenen ungesättigten Fettsäuren, sollen Herz-Kreislauf-Erkrankungen vorbeugen und die Entwicklung des Gehirns und der Augen fördern.

Dabei ist es grundsätzlich egal, ob es sich um »Wildware« handelt - deren Menge weltweit stagniert - oder um Fische aus dem wachsenden Angebot der »Farmware«. Diese stammen aus Aquakulturen, künstlichen Aufzuchtstationen, die meist küstennah im Meer liegen. Im Handel müssen Fische als Wild- oder Farmware aus Aquakultur gekennzeichnet sein.

Tipps für Genießer

Als Einstieg für Fischliebhaber empfiehlt sich die Broschüre »Nachhaltiger Fischeinkauf - aber wie?«. Das wirtschaftsnahe Fischinformationszentrums in Hamburg (www.fischinfo.de) hat hier grundlegende und weiterführende Infos zusammengetragen.

Auf dem MSC-Siegel und dem Gegenstück für Aquakulturen »ASC« (Aquaculture Stewardship Council) basiert der etwas angestaubte »Einkaufsratgeber Fisch«, den der Tierschutzverein WWF verantwortet. Jener kann aus dem Internet heruntergeladen werden (auch für Smartphone) unter www.wwf.de.

Einigen Meeresforschern und Umweltaktivisten wie Greenpeace ist das MSC-Siegel zu lax: Den kurzen, aber knackigen »Fischratgeber 2013« von Greenpeace finden Sie ebenfalls im Netz (www.greenpeace.de).

Nicht als Konkurrenz zu »nachhaltigen« Fischführern versteht sich »Fischbestände online«, sondern zurecht als deren Grundlage. Die Informationen werden vom Thünen-Institut zusammengetragen und aktualisiert: Rund 130 für den deutschen Markt relevante Fischbestände aus weltweit über 30 Fischarten hat das international hoch angesehene Bundesforschungsinstitut in dieser Datenbank beschrieben (www.fischbestaende.portal-fischerei.de). Spitze für rührige Hobbyköche!

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Doch wie bei Fleischprodukten, Tomaten oder Äpfeln gilt auch bei Meeresfrüchten: Fisch ist nicht gleich Fisch. In vielen Aquakulturen werden massiv Antibiotika eingesetzt oder es werden aromaarme, aber kostengünstig zu züchtende Sorten wie Pangasius massenhaft exportiert; Fische können auch aus überfischten Beständen stammen oder haben eine zu lange Reise hinter sich. Das kann Ihnen übrigens in Rostock ebenso passieren wie in Freiburg: Immerhin werden fast 90 Prozent der zwei Millionen Tonnen, die man in Deutschland verspeist, importiert. Als größte »deutsche« Fischereihäfen gelten daher die Nordseehäfen Dänemarks und der Frankfurter Flugplatz.

Im Binnenland werden denn auch vor allem tiefgekühlte Waren gegessen. Frischfisch macht bundesweit nur etwa 10 Prozent des Umsatzes aus. Tipp beim Einkauf: Egal ob Frischfisch oder aufgetaute Tiefkühlware, guter Fisch riecht nicht nach Fisch, sondern ist nahezu geruchsneutral! Bei richtiger Lagerung von 0 Grad Celsius hält sich Fisch im Kühlschrank etwa eineinhalb Wochen.

Doch darf man überhaupt noch mit ruhigem Gewissen Fisch essen? Ja! Auch wenn weltweit viele Fischbestände überfischt werden, wird in Europa seit einiger Zeit weitblickender geerntet. »Wir können Wende!«, jubelt die deutsche Fischwirtschaft ein wenig selbstverliebt. Beim beliebten Kabeljau habe sich der Bestand seit 2006 mehr als verdoppelt; und noch nie seit Beginn der wissenschaftlichen Aufzeichnungen gab es so viele Schollen in der Nordsee. Und die weiteren Aussichten für Schlemmer und ihr gutes Gewissen sind bekömmlich: So einigten sich die EU-Regierungen und das Europaparlament im Frühjahr auf eine grundlegende Reform der gemeinsamen Fischereipolitik. Einen Schwenk zur Nachhaltigkeit, den auch die Umweltverbände anerkennen. So stießen die Mitte Dezember festgelegten Fangmengen für 2014 auf breite Zustimmung. Verbraucherschützer empfehlen, beim Einkauf auf das »MSC-Siegel« zu achten. Es wird vom Maritime Stewardship Council (MSC) vergeben. Die Institution wurde 1997 von der Umweltorganisation WWF und dem Lebensmittelkonzern Unilever gemeinsam gegründet, machte sich später selbstständig und will nachhaltigen Fischfang fördern. Tipp: MSC-Fische und daraus hergestellte Produkte wie Fischstäbchen werden auch im Supermarkt und auf Wochenmärkten angeboten. »Das MSC-Siegel«, rät eine Sprecherin der Verbraucherzentrale Hamburg, »ist eine gute Einkaufshilfe.«

Fische kommen auch als Bioprodukt auf den Markt. Dies ist bei Wildware ganz normaler Fisch aus dem Meer. Bestimmend ist dabei, woher der Fisch kommt und wie er gefangen wurde. Biofischer achten auf Fanggebiete, die wenig schadstoffbelastet sind, und benutzen beispielsweise fischfreundliche Schleppangeln oder Stellnetze, um den Nachwuchs zu schonen. Allerdings kommen viele Bioprodukte von sehr weit her. Heringe aus der Ostsee munden dann vielleicht doch besser als ökologisch unverdächtige Shrimps aus Ecuador.

Zum Schluss mein Tipp für alle Fälle: Der beste Seefisch in Deutschland kommt aus der Nordsee; der delikateste Süßwasserfisch stammt aus ökologischer Zucht in Ihrer Nähe.

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