Zahlenspielerei mit dem Osten

Grit Gernhardt über nur scheinbar sinkende Arbeitslosigkeit

  • Grit Gernhardt
  • Lesedauer: 1 Min.

»Ostdeutschland - Niedrigste Arbeitslosigkeit seit Wende« - mit dieser Überschrift buhlte das arbeitgebernahe Institut der deutschen Wirtschaft Köln (IW) am Mittwoch um mediale Aufmerksamkeit. Die Daten schwächen die positiven Assoziationen, die der Titel auslöst, jedoch gleich wieder ab, wie auch die IW-Ökonomen zugeben müssen.

So ist die Arbeitslosenquote im Osten in den vergangenen Jahren zwar tatsächlich stärker gesunken als im Westen - seit 2008 durchschnittlich um 2,8 Prozentpunkte gegenüber nur minus 0,4 Punkten in den alten Bundesländern. Die derzeitige Quote von 10,3 Prozent im Osten - ohne Berlin wäre sie gar erstmals seit 1990 einstellig - ist aber dennoch kein Grund zur Begeisterung, geschweige denn eine gute Note für die bundesdeutsche Sozialpolitik.

Denn nicht Jobboom oder Wirtschaftsaufschwung ermöglichten diese Entwicklung, sondern Abwanderung und Überalterung. So verließen zwischen 2008 und 2012 rund 130 000 Menschen die vier ostdeutschen Flächenländer gen Westen; viele von ihnen jung und gut ausgebildet. Und wo es weniger Menschen im erwerbsfähigen Alter gibt, sinkt die Arbeitslosenquote, die auf Basis der Gesamtbevölkerung berechnet wird. So ist es zu erklären, dass es im Osten seit 2008 trotz statistisch sinkender Arbeitslosigkeit nur 3,6 Prozent mehr Beschäftigte gab - im Bundesdurchschnitt stieg die Beschäftigungsquote dagegen um 6,6 Prozentpunkte.

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