Bundestag im Selbstversuch
Uwe Kalbe über die »Betriebsvereinbarung« zur dreimonatigen Speicherung des Datenverkehrs aller Abgeordneten
Der Bundestag geht mit gutem Beispiel voran und lässt den gesamten Datenverkehr der Abgeordneten über drei Monate speichern. In einer Art freiwilliger Vorratsdatenspeicherung - quasi per Betriebsvereinbarung wird die Abtretung von Persönlichkeitsrecht im Selbstversuch geübt. Denn der Bundestag hat ja den Beschluss über die Datenspeicherung eigenhändig getroffen. Das Gesetz zur Vorratsdatenspeicherung war vom Bundesverfassungsgericht kassiert worden, weil es grundgesetzwidrig war; die Bundestagsabgeordneten sehen das Problem offenbar in ihrer Mehrheit gelassen. Obwohl gerade sie vielfach auf Wahrung von Vertraulichkeit, etwa beim Informantenschutz, pochen müssten. Der Fall Edathy reicht nicht aus, dieses Sonderrecht in Frage zu stellen. Dies ist ein beunruhigendes Indiz für den Umgang mit dem nächsten Gesetzentwurf. Die Abgeordneten trainieren per Betriebsvereinbarung schon mal stellvertretend für alle Bürger den gleichmütigen Umgang mit dem Datenkraken.
Wer nichts zu verbergen hat, braucht auch keine Datenspeicherung zu fürchten - dieses Lieblingsargument für die Unbedenklichkeit aller staatlichen Informationssammelwut mag einigen Abgeordneten damit in Fleisch und Blut übergehen. Richtig wird es dadurch trotzdem nicht.
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