Russisches Roulette oder Rechtsstaat?
Anwalt beklagt Vorgehen der Justiz bei Protest gegen Neonazis
Dresden. Der Grünen-Politiker und Rechtsanwalt Jürgen Kasek hat die sächsische Justiz für ihr Vorgehen bei Protesten gegen Neonazis kritisiert. Die unterschiedliche juristische Bewertung ein und desselben Sachverhaltes habe »dem Ansehen der Justiz in Sachsen massiv geschadet«, erklärte der Leipziger Grünen-Chef am Montag und bezog sich dabei auf den unterschiedlichen Ausgang von Verfahren gegen Demonstranten - manche endeten mit Schuldsprüchen, andere mit Freisprüchen oder Einstellung gegen Zahlung einer Geldauflage. »Welches Vertrauen kann man in einen Rechtsstaat haben, der identische Tatbestände und Motive so unterschiedlich wie die Dresdner Gerichte bewertet. Das klingt eher nach russischem Roulette als nach Rechtsstaat«, sagte Kasek. Er hatte den Dresdner Grünen-Chef Michael Schmelich verteten, dessen Verfahren Anfang Februar eingestellt wurde. Konkret ging es dabei um Sitzblockaden im Umfeld eines Neonazi- Aufmarsches am 19. Februar 2011 in Dresden.
Der LINKE-Abgeordnete Falk Neubert, der drei Jahre nach seiner Teilnahme an einer Blockade noch immer auf eine Entscheidung in seinem Fall wartet, hatte unlängst Zahlen zum Ausmaß der Ermittlungen erfragt. Demnach leitete die Staatsanwaltschaft im Zusammenhang mit den Protesten im Februar 2011 allein wegen des Verstoßes gegen das Versammlungsgesetz 465 Ermittlungsverfahren ein. Gegen 99 Betroffene wurden strafrechtliche Sanktionen verhängt. In drei Fällen wurden Angeklagte freigesprochen. Grünen-Politiker Schmelich wertete die auf Kosten der Staatskasse erfolgte Einstellung seines Verfahrens am Montag als »Erfolg für eine demokratische Protestkultur«: »Es ist an der Zeit, dass die Akten des 19. Februar 2011 endlich geschlossen und auch die restlichen Verfahren eingestellt werden.« dpa/nd
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