Kompromiss über EU-Klimaauflagen für Autos verabschiedet

Ab 2020 sollen Neuwagen nicht mehr als 95 Gramm CO2 pro Kilometer ausstoßen / Umweltverbände kritisieren Ausnahmeregelungen

  • Guido Speckmann
  • Lesedauer: 2 Min.
Zu einem Sechstel trägt der Straßenverkehr in Deutschland zur CO2-Belastung der Umwelt bei. Daimler, BMW und Kanzlerin Merkel hatten sich lange gegen schärfere Grenzwerte gewehrt.

Das EU-Parlament hat formal den bereits im November vergangenen Jahres ausgehandelten Kompromiss für die weitere Begrenzung des CO2-Ausstoßes von Neuwagen in der EU verabschiedet. Demnach dürfen ab 2020 neue Pkw durchschnittlich nicht mehr als 95 Gramm CO2 pro Kilometer ausstoßen. Allerdings gilt diese Vorgabe zunächst nur für 95 Prozent aller Neuzulassungen. Für die hundertprozentige Erfüllung der Richtlinie wird den Herstellern bis 2021 Zeit eingeräumt.

Eigentlich war im Juni 2013 bereits eine Einigung auf EU-Ebene gefunden worden. Doch dann intervenierte Kanzlerin Angela Merkel persönlich und blockierte die Umsetzung. Vermutlich auf Betreiben der beiden deutschen Autohersteller Daimler und BMW. Ihr Argument: Die verschärften Abgasnormen gefährden den Industriestandort Deutschland und damit Arbeitsplätze. Zwischenzeitlich hatte die Bundesregierung sogar vorgeschlagen, dass die Obergrenze von 95 Gramm pro Kilometer erst 2024 gelten solle.

Im vergangenen Jahr lag der Wert des Kohlendioxidausstoßes deutscher Neuwagen bei 136 Gramm pro Kilometer - im Vergleich zu 2012 ein Rückgang von 3,8 Prozent. Das EU-Ziel für das kommende Jahr liegt bei 130 Gramm CO2 pro Kilometer. Die importierten Autos hingegen dürften dieses Ziel schneller erreichen, war der Rückgang ihrer Werte doch im vergangen Jahr etwas höher als bei den deutschen. Auf längere Sicht sinkt der CO2-Ausstoß der Neuwagen deutscher Hersteller: Im Jahr 2006 waren es nach Daten des Verbandes der Automobilindustrie noch durchschnittlich 175 Gramm, was einem Minus von 22,4 Prozent im Vergleich zu 2012 entspricht.

Zwar begrüßten Umweltverbände die Festschreibung des 95-Gramm-Ziels und das Ende des zweijährigen Ringens. Zugleich warnten sie jedoch vor der Aufweichung der Grenzwerte. Leif Miller vom Naturschutzbund Deutschland (NABU) sagte, dass leider wesentliche Elemente einer klimafreundlichen Ausgestaltung auf der Strecke geblieben seien. »Bereits die Festlegung auf einen Grenzwert von 95 Gramm CO2 pro Kilometer reizt das Potenzial möglicher Effizienzsteigerungen im Automobilbau nicht voll aus und kommt insbesondere den Herstellern des Premiumsegments mit ihren schweren übermotorisierten Modellen weit entgegen.« In der Kritik stehen auch die »Supercredits«, die Autobauer von 2020 bis 2022 für Pkw erhalten sollen, die weniger als 50 Gramm CO2 ausstoßen. Diese erlaubten die mehrfache Anrechnung von Elektroautos als Nullemissionsautos, wodurch die Effizienzanforderungen für herkömmliche Pkw in der Summe nochmals sänken, hieß es in einer Mitteilung des Verkehrsclubs VCD.

Der NABU befürchtet überdies eine Verwässerung der neuen Grenzwerte. Verkehrsexperte Diemar Oeliger sagte: »Immer seltener decken sich die im Labor ermittelten Fabelwerte der Autohersteller mit dem Spritverbrauch auf der Straße.« Man lüge sich in die Tasche, wenn die Senkung der Spritverbräuche auf dem Prüfstand gefeiert werde, real aber davon immer weniger zu merken sei.

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