Möglicherweise nur ein Jux

Droht Facebook wirklich ein drastischer Rückgang bei den Nutzerzahlen?

  • Jürgen Amendt
  • Lesedauer: 2 Min.

Für das internetaffine Publikum gilt es als eine Art unumstößliche Regel: Je mehr Vertreter der Generation Ü 30 sich in Online-Netzwerken und auf -Plattformen tummeln, desto wahrscheinlicher ist das baldige Ende des jeweiligen Mediums. Anders formuliert: Das Internet ist etwas für junge Menschen, nicht für Oma und Opa. Der Trend scheint diese These zu bestätigen; das Online-Netzwerk Facebook etwa gewinnt in den letzten Jahren zwar immer mehr Nutzer jenseits der 40 dazu, verliert jedoch jüngere Nutzer an neue Netzwerke wie WhatsApp (das von Facebook zwecks einer Verjüngungskur vor wenigen Wochen gekauft wurde).

Die Nachricht, dass Wissenschaftler der US-Universität Princeton herausgefunden haben wollen, dass Facebook in den nächsten Jahren so rasant an Bedeutung verlieren wird, dass die Zahl der Nutzer bis 2017 um 80 Prozent zurückgehen wird, verbreitete sich daher Ende Januar wie ein Lauffeuer. Verfasser der betreffenden Studie, auf die sich die Meldung stützte, waren zwei Doktoranden der Luft- und Raumfahrttechnik, die sich epidemiologischer Modellrechnungen aus der Medizin bedienten und diese Modelle auf die Entwicklung von Facebook anwandten. So gut wie alle Medien gingen von der Seriosität und Validität der Studie aus, zumal die beiden Verfasser John Cannarella und Joshua Spechler auf vorhergehende Entwicklungen im Internet hinwiesen. Ihre Forschungsmethode habe bereits beim Netzwerk Myspace zu einem ähnlichen Ergebnis wie dem Facebook vorhergesagten geführt. Myspace hatte 2007 seinen Popularitätshöhepunkt erreicht, danach aber rasch an Bedeutung verloren.

Möglicherweise aber sind sie auf eine Jux hereingefallen. Dies jedenfalls berichtet der Berliner »Tagesspiegel« (Dienstagsausgabe). Dass sich Forscher an einem Raumfahrt-Institut mit einem sozialen Netzwerk beschäftigen und sich dabei theoretischer Konzepte der Medizin bedienten, sei ungewöhnlich, meint die Zeitung. Zudem habe die Arbeit der beiden Studenten noch nicht den »peer review« überstanden, sei also noch nicht von Vertretern der Fachdisziplin auf methodische Korrektheit überprüft worden.

Wenig Glauben in die Seriosität der Ergebnisse der Studie hatte man indes bei Facebook wohl schon von Anfang an. Auf die Veröffentlichung der Arbeit reagierte das Unternehmen mit einer eigenen Studie. Auf Basis von Zahlen aus Google Trends errechneten Mitarbeiter von Facebook mit einem Augenzwinkern, dass die Universität Princeton bereits im Jahr 2021 keine Studenten mehr haben werde.

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