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Denkzettel oder Rechtsruck?

Auch bei der Europawahl muss Frankreichs Sozialistische Partei mit Verlusten rechnen

  • Ralf Klingsieck, Paris
  • Lesedauer: 2 Min.
In der zweiten Runde der Kommunalwahlen am Sonntag hat sich die bereits absehbar gewesene Niederlage der Sozialisten verschärft. Die äußerste Rechte ist dagegen im Aufwind.

Eine extrem niedrige Wahlbeteiligung und das Ergebnis der Kommunalwahlen selbst zeugen davon, dass große Teile der französischen Bevölkerung zutiefst unzufrieden mit der Politik der Regierung unter dem sozialistischen Präsidenten François Hollande sind. Anderthalb Jahre nach der Amtsübernahme gab es die erste Quittung für eine schwächelnde Wirtschaft, steigende Arbeitslosenzahlen und eine unsoziale Antwort der Regierung auf die Krise, etwa in Form des »Verantwortungspakts« mit dem Unternehmertum. Schon nach den Verlusten in der ersten Runde vor über einer Woche hatte Hollandes Umfeld eingeräumt, dass sich die Regierung an ihre Versprechen von 2012 halten müsse: »Es gibt ein Bedürfnis nach sozialer Gerechtigkeit.« Ob das genügt, um dem Rechtstrend Einhalt zu gebieten, ist fraglich.

Bei der Kommunalwahl haben die Sozialistische Partei (PS), aber auch andere linke Parteien insgesamt mehr als 150 Städte mit mehr als 10 000 Einwohnern verloren. Während bisher 509 Städte von der Linken regiert wurden und 433 von der Rechten, hält die Rechte jetzt 572 und die Linke nur noch 349. Außerdem konnte die rechtsradikale Front National (FN) acht Städte durch eigene Kommunalpolitiker und drei weitere durch ihr nahestehende Persönlichkeiten erobern. Dazu gehören Fréjus, Béziers, Orange, Hénin-Beaumont und Hayange, aber auch der 7. Stadtbezirk von Marseille.

Doch trotz guter Ergebnisse im ersten Wahlgang ist die FN letztlich in Städten wie Avignon, Perpignan, Forbach, Saint-Gilles und Carpentras gescheitert, weil sich dort andere Listen zugunsten des jeweils aussichtsreichsten Konkurrenten der FN zurückgezogen hatten. Während die PS die Rathäuser in Paris und in wichtigen Großstädten wie Lyon, Lille, Straßburg, Montpellier, Rouen und Rennes halten konnten, ging Toulouse verloren, aber auch mittelgroße Städte wie Reims oder Saint-Etienne, das seit 1912 nur sozialistische Bürgermeister hatte.

Für die Europawahl Ende Mai lassen Umfragen eine Fortsetzung des Rechtsrucks erwarten. Danach rechnet man mit 24 Prozent für die rechtsbürgerliche UMP sowie 22 Prozent für die FN, während es für die PS 19 Prozent, für die Grünen zehn Prozent und für die Linksfront acht Prozent sein sollen. Der Trend könnte sich auch bei den Teilwahlen für den Senat im September, wo die linke Mehrheit in der zweiten Parlamentskammer auf dem Spiel steht, bestätigen.

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Der Historiker und Politologe Roger Martelli zum Ausgang der französischen Kommunalwahlen

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