Kein Maidan für jeden
Klaus Joachim Herrmann über den Aufruhr im Osten der Ukraine
»Massenunruhen« sind strafbar in der Ukraine. »Separatismus«, Referenden und schon gar die Besetzung von Ämtern sind es auch. »Separatisten« sind für das provisorische Regime all jene, die nicht wie Kiew wollen. Proteste heißt man bis in deutsche Medien hinein »Krawalle«, es wären dort Ruhe- und Ordnungsstörer oder auch bezahlte Provokateure unterwegs.
Noch unlängst wurde allseits gelehrt, dass in der Ukraine »das Volk« über allem stehe. Der Protest auf dem Maidan wurde als dessen allmächtige Verkörperung von Staatsbesuchern aus den USA, Deutschland und der EU gepriesen. Sein pro-europäischer Wille sollte geschehen und geschah: auf Barrikaden, mit Knüppel, Brandsatz und Schusswaffe. So stürzten Präsident und Regierung, nahm sich die Opposition die Macht. Dazu hatte ja die Mehrheit gefehlt. Doch nun sprach das demonstrierende Volk als Souverän.
Für die EU entschieden sich Kiew und der Westen, nicht Osten noch Süden. Die blieben, wo sie sind: nah an Russland. Eine »Übergangsregierung der nationalen Einheit« war den neuen Machthabern die Mühe nicht wert, nicht Dialog und nicht die Einbeziehung russischsprachiger Landesteile. Dabei geschieht in der Ost- und Südukraine etwa das Gleiche wie in Kiew. Doch statt Forderungen ernst zu nehmen folgt der Heroisierung des Maidan die Dämonisierung von Charkow und Donezk. Maidan gibt es nicht für jeden.
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