»Volksrepubliken« melden Sieg bei Referendum

Hohe Wahlbeteiligung und große Zustimmung / Kiew, EU und NATO weisen Abstimmung zurück: »Null und nichtig« / Moskau will sich erst nach Analyse des Ergebnisses äußern

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Berlin. Bei den Referenden in den ostukrainischen Regionen Donezk und Lugansk hat sich Angaben der für Unabhängigkeit eintretenden Kräfte zufolge eine große Mehrheit für die Abspaltung von Kiew ausgesprochen. Für die Loslösung der »Volksrepublik« Donezk sprachen sich nach Angaben der Separatisten 89,7 Prozent der Teilnehmer aus. Ein noch größeres Ergebnis wurde im benachbarten Lugansk erwartet. In Donezk habe die Wahlbeteiligung bei 75 Prozent gelegen. Wahlleiter Roman Ljagin sagte, die Wahlbeteiligung sei »nicht nur hoch, sondern überwältigend«.

Hingegen behauptete die Zentralregierung in Kiew, in weiten Teilen der russisch geprägten Regionen mit mehr als 6,5 Millionen Menschen finde gar keine echte Abstimmung statt. Ukrainische Medien berichteten von Fälschungen. Internationale Beobachter waren zu der Abstimmung nicht angereist. Der »Volksgouverneur« von Donezk, Pawel Gubarew, sagte dem russischen Staatsfernsehen: »Das Referendum bedeutet uns alles.« Die Schaffung eines neuen Staatssubjekts sei aber nur der erste Schritt auf dem Weg zur Bildung eines Landes »Neurussland« auf dem Gebiet der Südostukraine, betonte Gubarew.

Kremlchef Wladimir Putin will sich erst nach einer Analyse des Ergebnisses zu dem Referendum äußern. Das sagte Putins Sprecher Dmitri Peskow der Moskauer Zeitung »Kommersant«.Er nahm die als prorussisch bezeichneten Kräfte in Schutz, die trotz einer Aufforderung Putins an der Befragung festgehalten hatten. Das militärische Vorgehen der Regierung in Kiew habe ihnen keine andere Wahl gelassen. Die Androhung schärferer Sanktionen der EU und der USA gegen Russland nannte Peskow eine absolute Dummheit. Die EU-Minister würden am Montag in Brüssel über zusätzliche Einreiseverbote und Kontensperrungen entscheiden, sagten Diplomaten. Bisher gelten solche Maßnahmen bereits gegen 48 Personen. Die Minister wollen auch beschließen, dass künftig nicht nur Personen, sondern auch Organisationen und Unternehmen von Sanktionen getroffen werden können.

Die Übergangsregierung in Kiew erkennt die Befragung in der Ostukraine ebenso wie die EU und die USA nicht an. »Das ist nichts anderes als eine Informationskampagne, um Verbrechen zu vertuschen«, sagte Präsidialamtschef Sergej Paschinski am Sonntag in Kiew. Kiew verwies auf eine kürzlich veröffentlichte Meinungsumfrage von Pew, nach der 70 Prozent der Einwohner des Ostens der Ukraine an der Einheit des Landes festhalten wollten. Das Außenministerium warf Russland vor, die Abstimmung »inspiriert, organisiert und finanziert« zu haben. Frankreichs Präsident François Hollande nannte das Referendum bei einem Besuch in Aserbaidschan »null und nichtig«.

In Krasnoarmijsk, einer Stadt mit 65.000 Einwohnern westlich von Donezk, drangen Bewaffnete in das zentrale Abstimmungslokal ein. Nach dem Bericht einer Fotoreporterin schossen die Bewaffneten, bei denen es sich vermutlich um proukrainische Milizionäre handelte, in die Menschenmenge, als es zu einem Disput kam. Zwei Verletzte fielen zu Boden. In Swatowje, einer Stadt mit 20.000 Einwohnern in der Nähe von Lugansk, weigerte sich Bürgermeister Jewgen Ribalko, die Abstimmung abzuhalten, obwohl er zwei Mal von Dutzenden Bewaffneten aufgesucht worden war, die die Abhaltung des Referendums forderten. »Meine Aufgabe ist es, den ukrainischen Gesetzen Geltung zu verschaffen«, sagte Ribalko. Agenturen/nd

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