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Die Drei-Einfaltigkeit des DFB
Christoph Ruf über Antifaschismus, der mehr als Wohlverhalten im Stadion ist
Nun sind sie also zurückgerudert. Mit deutlichen Worten hat sich der Deutsche Fußballbund (DFB) - sogar in Person seines Präsidenten - für das Abkleben eines Schriftzuges entschuldigt, der am Hamburger Millerntor eine Selbstvergewisserung ist wie »This is Anfield« in Liverpool: »Kein Fußball den Faschisten« steht dort auf der Gegengeraden.
Dann kam der DFB, ließ seine Nationalmannschaft dort trainieren und überklebte »den Faschisten«. Es blieb: »Kein Fußball«, was auf manche Spiele des ortsansässigen Zweitligisten zutreffen mag, als Slogan aber schwachsinnig ist. Der DFB habe »ohne alle Umschweife das Teilabkleben des Schriftzugs als Fehler eingestanden und sich für dieses Fehlverhalten entschuldigt«, heißt es nun in einer Mitteilung des FC St. Pauli, der Wolfgang Niersbachs Entschuldigung referiert. Es folgen ein paar weitere schöne Worte: »Wir treten ein gegen jede Form von Diskriminierung, Fremdenfeindlichkeit, Rassismus oder Homophobie und machen dies deutlich - wie in vorbildlicher Art und Weise immer wieder auch Ihr Verein und Ihre Fanszene.«
Nachdem das Kind in den Brunnen gefallen war, hat der DFB nun also bestmöglich reagiert. Anstatt herumzueiern hat er frank und frei einen Fehler eingeräumt - ob aus innerer Einsicht oder weil die öffentlichen Reaktionen so einhellig negativ waren, sei einmal dahingestellt.
Und dennoch bleibt die Aktion verräterisch. Und zwar nicht, weil der Sprecherrat des FC St. Pauli-Fanclubs Recht hätte mit der Feststellung, »der DFB« habe »mit der Aktion bewiesen, wie viel Heuchelei in seiner Haltung gegen Rassismus steckt«. Das ist insofern Unsinn, als im Gegensatz zu vergangenen Zeiten - erinnert sei an Gerhard Mayer-Vorfelder, vor allem aber an den ehemaligen Nazi und Junta-Freund Hermann Neuberger, die beide DFB-Präsidenten waren - beim Dachverband mittlerweile auf allen Ebenen bis hoch zum Präsidenten Leute am Werke sind, die der Sympathien für Rechts völlig unverdächtig sind.
»Geheuchelt« ist das Bekenntnis also nicht. Aber es ist zuweilen oberflächlich. Wer die Verlautbarungen von DFB-Offiziellen in den vergangenen Jahren verfolgt hat, hatte oft den Eindruck, als sei es eingebettet in ein Bild vom Fan, der sich bitteschön ordentlich zu benehmen habe. So wie brave Christen die Dreifaltigkeit aus Gott Vater, Jesus und Heiligem Geist anbeten, so wiederholen DFB-Funktionäre wie Vizepräsident Rainer Koch die »drei No-Gos: Gewalt, Rassismus und Pyrotechnik.«
Das ist nicht nur inhaltlich unsinnig, weil Dinge in einen Zusammenhang gebracht werden, die zunächst einmal nichts miteinander zu tun haben. Die Drei-Einfaltigkeit des DFB verharmlost letztlich auch den Neonazismus. Denn es ist ein himmelweiter Unterschied, ob ein bengalisches Feuer in die Höhe gereckt oder ob eine Ideologie zelebriert wird, die per se all das negiert, was der Grundkonsens einer freiheitlichen Gesellschaftsordnung ist. Darauf sollte man sich eigentlich verständigen können und zwar völlig unabhängig davon, wie man zur Pyrotechnik steht. Kurzum: Der DFB erklärt dankenswerterweise seit mehreren Jahren faschistische (ein Begriff, den er nie verwenden würde) Äußerungen als unerwünscht, bleibt dabei aber zu vage. Sich nicht rassistisch zu äußern wird als eines der Attribute gesehen, das den braven Stadiongänger kennzeichnet.
Spannend wird es aber erst, wenn sich Rassisten tatsächlich im Stadion produzieren. Und zwar nicht so, dass es den Funktionären Sanktionen eröffnet - beispielsweise, in dem rechte Transparente hochgehalten werden. Sondern so, wie sich Nazis 2014 tatsächlich verhalten: Sie schüchtern die Leute, die etwas gegen sie haben, mit massiver physischer Gewalt ein und errichten Drohszenarien. Wo das nicht gelingt, können sie sich allzu oft auf die Stadionordnungen verlassen, die auch die Fußballverbände absegnen. Viele Fälle sind bekannt, in denen Ultras ein paar Rechte aus der Kurve geworfen haben. Einen Demokratiepreis haben sie dafür nicht bekommen - wohl aber ein Stadionverbot.
Kurzum: Man kann sich darüber freuen, dass der DFB, der ja eine der reaktionärsten Körpetschaften der Bonner Republik war, sich mit gehörigem Tempo liberalisiert hat. Das nimmt einem aber nicht das Recht, mehr Konsequenz anzumahnen. Allzu oft hat man noch den Eindruck, dass die Frankfurter am liebsten keinerlei politisches Statement im Stadion sähen. Genau das ist aber schlicht unmöglich, wenn man es ernst meint mit dem Engagement gegen Rechts.
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