Traumziel Rio?
»Ich würde liebend gern in Brasilien wohnen und wäre mehr als froh, wenn man meinem Asylgesuch dort nachkommen würde.« Edward Snowden macht keinen Hehl daraus, wohin die Reise gegen soll, wenn im August seine befristete Aufenthaltsgenehmigung in Russland abläuft. Doch ausgerechnet die beiden prominentesten »Abhöropfer« der NSA, Bundeskanzlerin Angela Merkel und die brasilianische Präsidentin Dilma Rousseff, scheuen davor zurück, ihre schützende Hand über den Mann zu halten, der die Enthüllungslawine ins Rollen brachte. Dabei hatte gerade Rousseffs engagierter Auftritt vor der UNO-Generalversammlung bei Snowden die Hoffnung geweckt, Brasilien würde den USA die Stirn bieten. Dort hatte sie appelliert, dass jeder das Recht habe zu kommunizieren, ohne bespitzelt zu werden. Zuvor war bekannt geworden, dass die NSA in Brasilien nicht nur Telefonate der Präsidentin abgehört, sondern auch intensiv im staatlichen Erdölunternehmen Petrobras und im Bergbau- und Energieministerium spioniert hat. Die nationalen Gemüter kochten. Laut Snowden hatte er zu diesem Zeitpunkt längst formal um Asyl gebeten; doch wie damals bestritt der brasilianische Außenminister Luís Figueiredo am vergangenen Dienstag erneut den Eingang eines solchen Antrags. Und erst wenn dieser vorliege, könne man ihn prüfen und sich konkret zum Fall äußern.
Der ehemalige Botschafter Marco Azambuja wurde in einer Gesprächsrunde im brasilianischen Fernsehen dagegen sehr deutlich und meinte, dass ein positiver Asylbescheid die Beziehungen zu den USA nachhaltig belasten würde, da bei diesem »Schlamassel ja noch nicht mal ein Ende in Sicht ist«. Damit spielt er auf die neuerliche Aussage von Snowdens Partner Glenn Greenwald an, »dass es noch viele Dokumente gibt, die den Brasilianern vor Augen führen werden, was die USA in ihrem Land anstellten«. Derweil wird auch darüber spekuliert, ob die Asylfrage an einen vorherigen Austausch vertraulicher Informationen geknüpft wird. Snowden hatte gegenüber dem TV-Sender Globo ungefragt geäußert, er sei zu einem solchen Deal nicht bereit und beantrage ein bedingungsloses »Asyl aus humanitären Gründen«. Dieser Schritt müsse gegangen werden, fordert auch der brasilianische Jurist Ronaldo Lemos, der sich für den Schutz der Menschenrechte im Internet einsetzt. Die USA seien nicht länger die Fahnenträger eines freien Internets. Brasilien müsse gemeinsam mit anderen Ländern diese Debatte an sich reißen.
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