Brasiliens Polizei schießt wieder: Tränengas in Rio
Protestmarsch gegen FIFA und Fußball-WM zum Maracanã-Stadion verhindert / Ministerin kritisiert Polizeieinsatz als »unnötig« und »unangemessen« / Auch Argentiniens Fans spüren Knüppel der Militärpolizei
Berlin. Am Rande der Fußball-Weltmeisterschaft in Brasilien ist die Polizei erneut mit Tränengas und Pfefferspray gegen Demonstranten vorgegangen. Dabei wurde nach lokalen Medienberichten ein Reporter durch Splitter einer explodierenden Rauchgranate verletzt. Kurz vor Anpfiff der ersten WM-Partie in Rio de Janeiro hatten zwischen 150 und 500 Menschen an einem Protestmarsch einige Kilometer vom Maracanã-Stadion entfernt teilgenommen, wo am Sonntagabend das WM-Spiel Argentinien gegen Bosnien-Herzegowina ausgetragen wurde. Demonstranten führten Banner mit sich, auf denen unter anderem der Spruch »FIFA go home« zu lesen war. Massive Polizeieinheiten verhinderten, dass der Protestzug zum Maracanã-Stadion durchkam. An einem Bankgebäude gingen die Scheiben zu Bruch, Mülleimer wurden in Brand gesetzt. Insgesamt waren zur Sicherung des Fußballspiels in der Umgebung des Stadions fast 3.000 Polizisten, Soldaten und Feuerwehrmänner im Einsatz.
Brasiliens Menschenrechtsministerin Ideli Salvatti hat inzwischen das Vorgehen der Polizei gegen Demonstranten beim WM-Auftakt in São Paulo als »unnötig« und »unangemessen« bezeichnet. Die Ministerin bezog sich dabei auf ein Foto, das am Freitag im Internet und brasilianischen Zeitungen kursierte. Es zeigt einen Jugendlichen, der von drei Beamten festgehalten wird, während ein vierter ihm das Pfefferspray in ein Auge sprühte. »Wir werden alle nötigen Schritte ergreifen, damit sich ein Ereignis solcher Art nicht wiederholt«, sagte Salvatti am Freitag in Rio de Janeiro. Zuvor hatte die Menschenrechtsorganisation Amnesty International die Gewalt gegen Protestler beklagt. Vor dem WM-Eröffnungsspiel Brasilien gegen Kroatien in der Corinthians-Arena hatten WM-Gegner etwa zehn Kilometer entfernt protestiert. Dabei ging die Polizei mit Schlagstöcken und Tränengas gegen die Protestler vor. Mindestens elf Menschen wurden verletzt.
Derweil ist an der Copacabana die brasilianische Militärpolizei mit Tränengas auch gegen argentinische Fußballfans vorgegangen. Rund 2.000 Anhänger hatten sich nach Angaben der Zeitung »O Globo« am Samstag an Rios berühmtestem Strand versammelt, um sich mit lauter Musik und klassischen argentinischen Fanchören auf das Spiel gegen Bosnien-Herzegowina am Sonntagabend einzustimmen. Auch die traditionelle Rivalität zum Gastgeberland Brasilien wurde mit Schildern und Gesängen beschworen. Demnach zog die Gruppe Fahnen schwenkend über die stark befahrene Strandallee Avenida Atlântica und versuchte, den Verkehr zu blockieren. Die Militärpolizei ging daraufhin mit Pfefferspray und Knüppeln gegen die Fans vor, berichtete die argentinische Zeitung »La Nación«. dpa/nd
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