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SPD-Linke plant Reformkongress 2015

Debatte über Mehrheiten links der Union soll »beflügelt« werden / Klausur der sozialdemokratischen Linken in Berlin macht Vorschlag für höhere Besteuerung von Zins- und Kapitaleinkünften / Papier zur Außenpolitik

  • Lesedauer: 4 Min.

Berlin. Die sozialdemokratischen Linken haben einen Vorstoß für eine höhere Besteuerung von Zins- und Kapitaleinkünften angekündigt. Nach einer Klausurtagung führender Vertreter der SPD-Linken aus Parteivorstand, Bundestagsfraktion, Ländern und von den Jusos in Berlin wird Parteivize Ralf Stegner mit den Worten zitiert, man wolle »relativ bald einen Vorstoß machen, die Abgeltungssteuer umzuwandeln in eine Progressionsbesteuerung«. Es sei nicht einzusehen, dass Arbeit stärker besteuert werde als Kapital, so der Sozialdemokrat. Obwohl im Koalitionsvertrag nicht vorgesehen, sehen die SPD-Linken bei CDU und CSU Gesprächsbereitschaft bei dem Thema. Es gebe »Hinweise«, dass auch in der Union die Auffassung geteilt wird, »dass man bei der Kapitalbesteuerung etwas ändern muss«, wird Stegner in Medien zitiert. In ihrem Programm zur Bundestagswahl 2013 hatte die SPD noch eine Erhöhung der Abgeltungssteuer für Kapitaleinkünfte von 25 auf 32 Prozent gefordert. Die Parteilinken wollen aber, dass Kapitaleinkünfte wieder der Einkommenssteuer unterworfen werden.

Ein Teil der SPD-Linken macht sich auch für eine Kurskorrektur in der deutschen Außenpolitik stark. Das geht aus einem Positionspapier von Stegner hervor, das am Montag in Kiel vorgestellt wurde. Gefordert wird in dem 15-seitigen Text auch ein Abzug aller US-Atomwaffen aus Deutschland. In dem vom Landesvorstand der Nord-SPD beschlossenen Positionspapier werden der Klimawandel und die Bewältigung des Bevölkerungswachstums als vordringliche globale Herausforderungen genannt. Gefordert wird eine gerechtere Weltwirtschaftsordnung statt einer immer stärkeren Machtkonzentration auf immer weniger globale Wirtschaftskonzerne und internationale Banken. Die Entwicklungszusammenarbeit soll ausgebaut, der internationale Waffenhandel dagegen strenger kontrolliert werden.

»Die SPD tritt dafür ein, dass Deutschland Motor ist bei der Durchsetzung der Prinzipien des Gewaltverzichts, der gemeinsamen Sicherheit und des Völkerrechts in den internationalen Beziehungen«, heißt es weiter in dem Text. In Konflikten und bei Kriegsgefahr gelte es, »das Primat von Politik und Diplomatie« durchzusetzen. Die Bundesregierung wird aufgefordert, »sicherzustellen, dass Deutschland sich mit 0,7 Prozent des Bruttoinlandsprodukts an der Bekämpfung von Armut und Unterentwicklung in der Welt beteiligt«. Bundeswehreinsätze im Ausland werden in dem Papier zwar nicht ausgeschlossen, jedoch ausdrücklich als letzte Möglichkeit, als »ultima ratio« bezeichnet. Auch müssten solche Einsätze durch ein UN-Mandat völkerrechtlich legitimiert sein. Am 28. Juni plant die SPD in Kiel einen außenpolitischen Kongress »Friedenspolitik heute«, an dem auch Außenminister Frank-Walter Steinmeier und weitere prominente Sozialdemokraten teilnehmen wollen. Dabei soll über das Papier Stegners diskutiert werden.

Auf der Klausur der SPD-Linken stand am Freitag und Samstag auch eine erste Bilanz der Arbeit in der Großen Koalition auf der Tagesordnung. Es sei »bisher ganz gut gelungen«, so Stegner, sozialdemokratische Ankündigungen in der Regierung umzusetzen. Hierfür stünden etwa die Rentenpolitik und der Mindestlohn. Wie Stegner forderte die Sprecherin des Forums DL21, Hilde Mattheis, eine Aussetzung der Verhandlungen über das umstrittene Freihandelsabkommen mit den USA. Stegner wird mit den Worten zitiert, man wolle zwar nicht die Gespräche über das TTIP abbrechen, allerdings sei ein Moratorium nötig »bis die Transparenz hergestellt ist«. Auch wollten die SPD-Linken Abstimmungen über die Verträge im Europaparlament und im Bundestag.

Verabredet wurde auf der Klausur der SPD-Linken zudem ein Kongress im kommenden Jahr, auf dem dann über Mehrheiten links der Union diskutiert werden soll. Innerhalb der Sozialdemokratie wolle man »die Debatte über Konstellationen 2017 beflügeln«, wird Mattheis zitiert. An dem Treffen, das im Frühjahr oder Frühsommer 2015 stattfinden soll, würden auch Gewerkschaften und Verbände teilnehmen. Im Januar hatten führende SPD-Linke ein Positionspapier »Für eine linke Reformperspektive« zur Diskussion gestellt. Die Bundestagswahl 2013 habe »deutlich gemacht, dass es derzeit keine linke gesellschaftliche Mehrheit gibt. Damit können und dürfen wir uns nicht zufrieden geben«. Die SPD müsse »als linke Volkspartei den Anspruch haben, nicht nur selbst die Regierung zu führen, sondern in und mit einem progressiv-linken Reformbündnis Mehrheiten für eine fortschrittliche Politik zu bilden«, hieß es damals. Dazu müssten bis 2017 »die Weichen gestellt werden«, auch »in der strategischen Bildung einer linken Reformbewegung«.

Bereits am kommenden Montag diskutieren Politiker von SPD, Linken und Grünen über »Perspektiven für eine gemeinsame Friedenspolitik«. Solle es zu einer progressiven Reformkoalition kommen, müssten »ich wohl alle drei Parteien aufeinander zubewegen. Wo gibt es Gemeinsamkeiten und wie könnte eine rot-rot-grüne Friedenspolitik aussehen?«, lautet die Überschrift eines Podiums in Berlin. nd/mit Agenturen

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