Beißattacke: FIFA ermittelt gegen Suárez

Italien muss nach 0:1 schon nach Hause fahren - Trainer und Verbandschef treten zurück / Uruguays Nationalspieler droht lange Sperre / 27-Jähriger relativiert sein Verhalten: »Es ist eine normale Bewegung«

  • Lesedauer: 3 Min.

Natal. Der Fußball-Weltverband hat ein Disziplinarverfahren gegen Uruguays Nationalspieler Luis Suárez nach dessen Beißattacke bei der Fußball-WM in Brasilien eröffnet. Das teilte die FIFA am frühen Mittwochmorgen (Ortszeit) mit. Der Stürmer und der uruguayische Verband haben bis Mittwoch, 22.00 Uhr MESZ Zeit, »ihre Position und jegliche Beweisdokumente, die sie als relevant erachten, darzulegen«. Suárez hatte beim 1:0 im letzten WM-Vorrundenspiel gegen Italien seinen Gegenspieler Giorgio Chiellini offenbar in die Schulter gebissen. Dem Uruguayer droht als Wiederholungstäter eine lange Sperre.

Trainer Cesare Prandelli und Verbandschef Giancarlo Abete erklärten unmittelbar nach der 0:1 (0:0)-Pleite gegen Uruguay ihren Rücktritt - gefrustet und voller Wut auf Wiederholungstäter Suarez. Den wie 2010 in der WM-Vorrunde gescheiterten Italienern war zum Heulen zumute. »Es tut weh, so aus der WM auszuscheiden. Ich übernehme die gesamte Verantwortung«, sagte Prandelli. Fassungslos über den WM-K.o. war Deutschland-Schreck Mario Balotelli. Er hatte auf der Ersatzbank das Gesicht in den Händen vergraben und verharrte noch lange nach Abpfiff am Spielfeldrand. Teamkollege Chiellini präsentierte dagegen immer wieder seine Schulter, auf der ein Bissabdruck zu sehen war. »Es ist völlig klar, Suarez wusste sehr gut, dass er etwas getan hat, was er nicht hätte tun dürfen. Er hätte Rot verdient gehabt«, erklärte Chiellini.

Die Azzurri verloren neben dem Spiel auch Claudio Marchisio in der 59. Minute durch Platzverweis und müssen wie vor vier Jahren vorzeitig die Koffer packen. »Es ist absurd, so eine Partie zu zehnt zu beenden. Es gab keine bösartigen Fouls. Man kann ein Spiel nicht so beeinflussen, der Schiedsrichter hat die Partie ruiniert«, erklärte Prandelli. Torhüter Gianluigi Buffon suchte die Schuld indes nicht nur bei anderen. »Auch wir haben Fehler gemacht«, räumte der Schlussmann ein.

Unmittelbar nach der Partie hatte der 27-Jährige Suárez sein Verhalten relativiert. »Das passiert im Spiel und auf dem Platz«, sagte der 27-Jährige dem uruguayischen Fernsehsender »Canal 10« am Dienstag nach dem 1:0-Sieg gegen Italien in Natal. »Es passieren Millionen Sachen auf dem Platz.« Der Italiener präsentierte danach die vermeintlichen Bissspuren. »Wir sind Fußballspieler, wir wissen, was auf dem Platz passiert, man sollte dem keine Bedeutung beimessen«, forderte Suárez, der bereits zuvor zweimal wegen einer Beißattacke negativ aufgefallen war. »Es ist eine normale Bewegung, solche Dinge passieren auf dem Platz«, fügte der Torjäger vom FC Liverpool hinzu.

Die rasche Eröffnung einer offiziellen Untersuchung zeigt aber schon die Tendenz, dass die FIFA den Fall ernst nimmt. Bereits am Samstag steht das WM-Achtelfinale Uruguays gegen Kolumbien an. Bis dahin muss die Akte Suárez spätestens wieder geschlossen sein, um den Turnierverlauf nicht zu gefährden.

Die FIFA beruft sich unter anderem auf Artikel 77.a ihres Disziplinarkodexes. Demnach kann der Weltverband nachträglich einschreiten, wenn eine Spielszene vom Schiedsrichter nicht beobachtet wurde. Dies war offenbar in Natal der Fall.

Suárez war bereits in seiner Zeit bei Ajax Amsterdam und bei seinem derzeitigen Arbeitgeber FC Liverpool für Beißattacken gesperrt worden. Zudem wurde er auch schon wegen rassistischer Äußerungen gegen den Franzosen Patrice Evra für einen längeren Zeitraum verbannt. Bei der vergangenen WM hatte er im Viertelfinale gegen Ghana für ein absichtliches Handspiel auf der Torlinie die Rote Karte gesehen und das Halbfinale gegen die Niederlande (2:3) verpasst. dpa/nd

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