Edathy-Ausschuss startet

SPD und Union erwarten ein Jahr Arbeit

  • Lesedauer: 3 Min.
Nach langer Vorbereitung startet der Untersuchungsausschuss zur Edathy-Affäre. Die Arbeit dürfte länger dauern als angepeilt, meinen Union und SPD. Die Regierungsparteien halten das Gremium ohnehin für überflüssig.

Berlin. Die Arbeit im Untersuchungsausschusses zur Kinderpornografie-Affäre um den früheren SPD-Abgeordneten Sebastian Edathy wird sich nach Einschätzung der großen Koalition über ein Jahr hinziehen. »Ein Untersuchungsausschuss ist ein Tanker und kein Schnellboot«, sagte die designierte Vorsitzende Eva Högl (SPD) am Mittwoch kurz vor der Einsetzung des Gremiums in Berlin.

Mit sechs bis acht Sitzungen - wie von der Opposition angepeilt - werde es wohl nicht getan sein. Realistisch sei eher die Dauer von einem Jahr. Auch die Union nannte dies als Zeitrahmen. Der Bundestag sollte den Ausschuss am frühen Mittwochabend einsetzen. Direkt im Anschluss war die konstituierende Sitzung geplant.

Edathy hatte vor einigen Monaten sein Bundestagsmandat niedergelegt. Die Staatsanwaltschaft Hannover ermittelt gegen den SPD-Politiker wegen Verdachts auf Erwerb und Besitz von kinderpornografischem Material. Der Ausschuss soll unter anderem die Rolle des Bundeskriminalamts (BKA) und anderer Behörden in dem Fall untersuchen und der Frage nachgehen, ob Edathy möglicherweise vorab vor den Ermittlungen gewarnt wurde.

Die Union richtete im voraus mahnende Worte an die Opposition. Es dürfe nicht sein, dass Linke und Grüne im Ausschuss ihre öffentlichen Allergien gegen Sicherheitsbehörden auslebten, sagte der designierte Unions-Obmann Armin Schuster (CDU). Seine Fraktion werde nicht zulassen, dass das BKA zu Unrecht an den Pranger gestellt werde.

Die Union will im Ausschuss auch die Rolle der niedersächsischen Behörden in den Blick nehmen und den Leiter der zuständigen Staatsanwaltschaft Hannover, Jörg Fröhlich, dazu befragen. Schuster beklagte, es habe lange gedauert, bis die Ermittler in Niedersachsen Maßnahmen gegen Edathy eingeleitet hätten.

Die Grünen sehen den Bundestags-Ausschuss dagegen nicht als geeigneten Ort, um das Ermittlungsverfahren in Niedersachsen detailliert zu betrachten. Dies müsste auf Landesebene geschehen, sagte die designierte Grünen-Obfrau Irene Mihalic. Auch für eine Befragung der niedersächsischen Justizministerin Antje Niewisch-Lennartz (Grüne) in Berlin sehe sie keine Veranlassung.

Noch am Freitagmorgen soll der Untersuchungsausschuss erneut tagen. Die Mitglieder wollen dort erste Beweisanträge beschließen, damit sie bereits über den Sommer Akten anfordern können.

Der Ausschuss wird auf Antrag der Opposition aus Linken und Grünen eingerichtet. Union und SPD hatten von Anfang an Zweifel an der Notwendigkeit des Gremiums angemeldet. Högl sagte, aus ihrer Sicht hätte es den Ausschuss nicht gebraucht. Es sei aber gutes Recht der Opposition, die Einsetzung zu beantragen. Das Gremium werde nun alles noch mal durchgehen, und die SPD werde konstruktiv mitarbeiten.

Der Fall Edathy hatte auch die schwarz-rote Koalition in große Schwierigkeiten gestürzt. Der frühere Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) war wegen der Affäre im Februar von seinem Amt als Agrarminister zurückgetreten. Er hatte Monate zuvor als Innenminister Informationen über die Vorwürfe gegen Edathy an die SPD-Spitze weitergegeben.

Friedrich verteidigte sein Vorgehen jetzt erneut. Er sei davon überzeugt, dass er ethisch, moralisch und juristisch richtig gehandelt habe - politisch sowieso, sagte er der Zeitschrift »Bunte«. Wegen seines erzwungenen Rücktritts hege er keine Rachegefühle. Es sei bitter, »wenn man von Leuten im Stich gelassen wird, die man früher für Freunde hielt«. Er habe sich aber vorgenommen, »dass Wut und Hass keinen Platz in mir haben sollen«.

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