Japan will Sanktionen gegen Nordkorea lockern

Pjöngjang hat Tokio weitere Ermittlungen im Fall entführter japanischer Staatsbürger zugesagt

  • Susanne Steffen, Tokio
  • Lesedauer: 3 Min.
Die Regierung in Tokio hat angekündigt, einige Sanktionen gegen Nordkorea zu lockern, weil sich Pjöngjang um das Schicksal vor Jahren entführter Japaner kümmern will.

Japan wird einen Teil seiner gegen die KDVR verhängten Sanktionen aufheben. Tokio reagiert damit auf Fortschritte in den Verhandlungen über das Schicksal japanischer Bürger, die in den 70er und 80er Jahren von nordkoreanischen Agenten entführt wurden. Tokio plant unter anderem, die Einreisebeschränkungen für Nordkoreaner zu lockern, den Geldtransfer zu erleichtern und einigen nordkoreanischen Schiffen zu erlauben, in japanischen Häfen anzulegen.

Japans Regierung hatte die Sanktionen als Reaktion auf die wiederholten Atom- und Raketentests Pjöngjangs, nicht aber wegen der Entführungen verhängt. Es handelt sich dabei um einseitige Strafmaßnahmen, die zusätzlich zu den vom Sicherheitsrat der Vereinten Nationen verabschiedeten Sanktionen ergriffen worden waren.

Vor Journalisten erklärte Premier Shinzo Abe am Donnerstag, der jüngste Verhandlungserfolg sei ein »erster Schritt« auf dem Weg zur vollständigen Lösung der Entführungsfrage. »Wir sind zu dem Schluss gekommen, dass (Nordkorea) bisher noch nie da gewesene Anstrengungen (zur Aufklärung der Entführungsfälle) unternimmt«, sagte Abe. »Gemäß dem Prinzip, dass Taten mit Taten beglichen werden, werden wir einen Teil unserer Sanktionen aufheben«, verkündete er.

Zuvor hatte Pjöngjang in Verhandlungen zugesichert, neue Ermittlungen zum Schicksal der Entführten einzuleiten. Nach Angaben der Zeitung »Nikkei« soll die nordkoreanische Seite eine Liste mit einer zweistelligen Zahl noch lebender Entführungsopfer vorgelegt haben. Tokio selbst hat 17 entführte Landsleute aufgelistet, schließt aber nicht aus, dass es wesentlich mehr sind. Das Thema wird in Japan hoch emotional diskutiert und belastet die bilateralen Beziehungen seit Jahren schwer.

Im Jahr 2002 hatte Pjöngjang erstmals eingeräumt, japanische Staatsbürger entführt zu haben, damit sie nordkoreanische Spione in japanischer Sprache und Kultur unterweisen. Nach einem Treffen des damaligen Machthabers Kim Jong Il mit dem seinerzeitigen japanischen Premier Junichiro Koizumi ließ Pjöngjang fünf Entführte nach Japan heimkehren. Acht weitere seien verstorben, hieß es. Seither hatte Nordkorea die Entführungsfrage als gelöst betrachtet. Mehrere japanische Versuche, Pjöngjang zu weiteren Zugeständnissen zu bewegen, waren gescheitert. Ausschlaggebend für den jetzigen Beschluss zur Lockerung der Sanktionen war nach Aussage von Regierungssprecher Yoshihide Suga die Tatsache, dass ein hochrangiges Mitglied der Nationalen Verteidigungskommission mit allen Vollmachten ausgestattet wurde, nach den Entführten zu suchen.

Pjöngjang hoffe womöglich auf japanische Wirtschaftshilfe, vermuten Beobachter. Die Annäherung fällt in eine Phase, in der Nordkorea bei seinem wichtigsten Verbündeten China gewissen Unwillen erregt hat. Tokio wiederum lockert seine Strafmaßnahmen trotz der jüngsten militärischen Drohgebärden der Pjöngjanger Führung. Erst am Mittwoch hatte Nordkorea zwei Kurzstreckenraketen zu Testzwecken abgefeuert.

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