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Festnahme Sarkozys

INTERNATIONALE PRESSE

  • Lesedauer: 3 Min.

Libération, Frankreich
Kein Opfer roter Richter

In all den Jahrzehnten, in denen Skandale das öffentliche Leben prägten, stimmten Rechte wie Linke immer die gleiche Leier an, die von Machenschaften und Komplott. Nicolas Sarkozy hat offenbar vergessen, dass diese Strategie ins Leere läuft und seinen Vorgängern nur Verdruss eingebracht hat. Daher sang er den gleichen abgenutzten Refrain von der »politischen Instrumentalisierung der Justiz«. Das Lied von roten, hasserfüllten Richtern, die auf das Recht pfeifen. Diese Melodie und dieses Lied können sicherlich seine bedingungslosen Anhänger überzeugen. Doch niemand kann ernsthaft glauben, dass eine Schar von Richtern und Polizisten sich zu einer Geheimoperation verbündet hat, die im Elysée-Palast oder anderswo organisiert wurde, um den Ex-Präsidenten in Misskredit zu bringen.

Le Figaro, Frankreich
Rachsucht der Linken

Im Namen welcher Pflicht zur Verschwiegenheit, die nirgends vorgeschrieben ist, hätte er das Schweigen bewahren sollen? Damit hätte er sich als Opfer zu erkennen gegeben, das diesen Richtern zustimmt, die aus dem »Fall Sarkozy« offenbar einen persönlichen Kampf gemacht haben ... Die Öffentlichkeit hat das Gefühl, dass die regierende Linke mit einer unerschöpflichen Rachsucht nicht aufhören wird, Nicolas Sarkozy zu verfolgen. Wir werden ja sehen, was aus dieser Affäre wird. Doch wenn sich auch der neue Verdacht gegen den Ex-Präsidenten in Luft auflösen sollte - was bliebe dann zurück? Die Feststellung, dass eine Regierung, die mit dem Rücken an der Wand steht, sich juristisch in einen verhassten Gegner verbeißt - mit dem Ziel, ihn politisch tot zu machen.

La Montagne Centre, Frankreich
Politisches Gleichgewicht

Auf dem Ball der Heuchler können sich Linke und Rechte nach der Einleitung eines Ermittlungsverfahrens gegen Nicolas Sarkozy die Hand geben. Die Sozialisten, die zeigen wollen, wie sehr sie das Recht auf Verteidigung respektieren, betonen die Unschuldsvermutung - und können sich doch nicht verkneifen zu unterstreichen, wie schwer die Vorwürfe gegen den Ex-Staatschef wiegen. Bei den Konservativen wird eine Fassade des Mitgefühls für Nicolas Sarkozy gezeigt; gleichwohl wird die Missbilligung darüber kaum verhehlt, wie er die Justiz in Frage stellt. Zumindest was das angeht, befinden sich beide Seiten im Gleichgewicht.

El Mundo, Spanien
Entschlossen gegen Korruption

Die Anschuldigungen gegen den früheren französischen Präsidenten kommen zu einer Zeit, in der die populistischen Parteien in fast ganz Europa enormen Zulauf haben. Sie profitieren nicht nur davon, dass die etablierte Politik oft nicht in der Lage ist, grundlegende Bedürfnisse ihrer Bürger zu befriedigen. Darüber hinaus sind viele Politiker in Fälle von Korruption verwickelt, ohne dass sie dafür zur Verantwortung gezogen würden. Das Verfahren gegen Sarkozy sagt viel über das französische Rechtssystem und seine Entschlossenheit im Kampf gegen die Korruption aus. Der Fall Sarkozy zeigt aber auch, was Europa bevorstehen könnte, wenn die politische Klasse sich selber nicht an den moralischen Normen orientiert, die sie ihren Bürgern abverlangt.

De Volkskrant, Niederlande
Kein Monopol auf Affären

Frankreich ist ein Land voller Affären und komplexer Intrigen, die oft nicht mal zur Hälfte aufgeklärt werden. Dann bleibt ein Nebel von Verdächtigungen hängen. Doch Frankreich hat natürlich kein Monopol auf Affären. Selbst Helmut Kohl, das scheinbare Muster an deutscher Solidität, kam durch die illegale Finanzierung seiner Partei ins Gerede. Doch die französische Politik weist einige Besonderheiten auf, die Korruption, Vetternwirtschaft und andere Formen ungebührlichen Verhaltens begünstigen. Von alters her ist Frankreich ein hierarchisches Land, wo man Autoritäten Ehrfurcht entgegenbringt, erst Recht dem Präsidenten. Zudem ist die »politische Klasse« ein abgeschotteter Klüngel. Politiker bilden den Adel der Republik, eine vom Volk erwählte Elite mit ihren eigenen Privilegien.

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