Der BND, das arme Opfer
René Heilig über die Nützlichkeit des aktuellen Spionagefalls
»Liebe NSA, bin weg in den Urlaub, kannst abschalten.« So oder ähnlich twittern derzeit Politiker, Abgeordnete und Journalisten untereinander. Irgendwie erinnert das an die Musik auf der »Titanic«. Allen ist klar, dass mit dem gigantischen NSA-Lauschangriff etwas in Fluss gekommen ist, dem keine Schotten standhalten. Klar kann man empört sein, dass ein BND-Mann auf eigene Rechnung mit US-Kollegen kooperierte. Doch das macht der Dienst als Ganzes seit seiner Gründung als Organisation Gehlen. Auftragsgemäß. Und überhaupt: Was ist dieser individuelle Verrat im Vergleich zu jenem, den US- und deutsche Dienste Tag für Tag begehen, wenn sie einzeln und im Verbund Bürgerrechte weltweit außer Kraft setzen?
Es kann den Verantwortlichen - vom Generalbundesanwalt bis zur Kanzlerin - nur recht sein, wenn man sich möglichst lange an der erwischten BND-»Hilfskraft« abarbeitet. Würde es die nicht geben, hätte man sie erfinden sollen. Schließlich macht der Mann den Mittäter BND, der zum Gegenstand parlamentarischer Untersuchungen zu werden drohte, zum armen Opfer. Die allgemeine Empörung über die »digitale Besatzungsmacht« USA lässt sich kanalisieren. So fordern die ersten Unionsexperten bereits, der BND müsse die Chance zu mehr Unabhängigkeit von den USA bekommen. Was sie meinen, heißt im Klartext: Rüstet den BND hoch!
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