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Kommandoaktion Israels im Gazastreifen

Armeeeinheit geht erstmals am Boden gegen Abschussrampen vor / Seit Dienstag schon über 160 tote Palästinenser / Internationale Krisendiplomatie sucht Lösung

  • Lesedauer: 3 Min.

Berlin. Fünf Tage nach Beginn der israelischen Militäroffensive gegen militante Palästinenser hat erstmals eine Kommandoeinheit am Boden eingegriffen. Die Elitetruppen landeten in der Nacht zum Sonntag an der Küste des Gazastreifens und gingen gegen Abschussrampen vor. Von dort sollen Raketen mit größerer Reichweite auf Israel abgefeuert worden sein. Bei Schusswechseln mit palästinensischen Milizen wurden nach Armeeangaben vier Soldaten verletzt, bevor sich das Kommando wieder zurückzog. Die meisten Raketen auf Israel würden aus dieser Gegend um Beit Lahia abgefeuert, erklärte der israelische Militärsprecher Peter Lerner. Am Morgen gab es wieder Raketenangriffe militanter Palästinenser, unter anderem auf den internationalen Flughafen Ben Gurion bei Tel Aviv. Die Raketenabwehr fing die Geschosse ab, andere landeten auf unbewohntem Gebiet.

Seit Beginn der massiven israelischen Luftangriffe am 8. Juli stieg die Zahl der Toten im Gazastreifen auf 163. Über 1.000 Menschen seien seit Beginn der Offensive verletzt worden, teilte der Sprecher der örtlichen Rettungsdienste, Aschraf al-Kidra, über Twitter mit. Ein 14-Jähriger sei bei dem Beschuss des nördlichen Gazastreifens ums Leben gekommen. Auch eine 80-Jährige sei unter den neuen Opfern, teilte Al-Kidra mit.

Angesichts der dramatischen Ereignisse kommt die internationale Krisendiplomatie in Gang. Am Sonntag treffen die Außenminister Deutschlands, der USA, Großbritanniens und Frankreichs am Rand der Atomgespräche in Wien zusammen, um Möglichkeiten für eine Waffenruhe zu erkunden. Die Arabische Liga berief für Montag eine Dringlichkeitssitzung in Kairo ein. Der UN-Sicherheitsrat in New York kommt ebenfalls am Montag zu einer weiteren Sondersitzung zusammen. Die 15 Mitglieder des höchsten UN-Gremiums hatten sich bereits am Samstag extrem besorgt über die Eskalation der Gewalt gezeigt und eine Waffenruhe gefordert.

Ungeachtet aller Bemühungen um eine Waffenruhe gingen die harten Kämpfe zwischen Israel und der im Gazastreifen herrschenden radikal-islamischen Hamas unvermindert weiter. Bei einem Luftangriff auf das Haus des Polizeikommandeurs von Gaza waren am Samstagabend mindestens 18 Menschen getötet worden. Sie gehörten den Angaben zufolge zur Familie des Polizeichefs Taisir al-Batsch. Der Kommandeur selbst wurde schwer verletzt; zunächst hatte es geheißen, er sei getötet worden. Auch eine benachbarte Moschee wurde bei dem Bombardement getroffen.

In Vorbereitung größerer Angriffe rief Israels Armee am Sonntag die Einwohner des nördlichen Gazastreifens über Flugblätter dazu auf, ihre Wohngebiete bis zum Mittag zu räumen. Israel hatte die Operation in der Nacht zum Dienstag gestartet, um den ständigen Raketenbeschuss israelischer Ortschaften durch militante Palästinenser zu unterbinden. Seitdem bombardierte die Armee nach eigenen Angaben 1320 Ziele in der Mittelmeer-Enklave, zuletzt allein 200 binnen 24 Stunden. Gleichzeitig gingen demnach mehr als 800 Raketen der Hamas auf israelischem Gebiet nieder, rund 140 davon seien von der Raketenabwehr in der Luft abgefangen worden, sagte Armeesprecher Lerner.

Hamas-Kämpfer im Gazastreifen feuerten am Samstagabend erneut mehrere Raketen auf Tel Aviv, Jerusalem und andere Ziele in Israel ab. Dort heulten am Abend und in der Nacht wieder die Sirenen. Viele Menschen eilten in Schutzräume und andere gesicherte Zonen. Eine Armeesprecherin berichtete, dass die Raketenabwehr drei der Geschosse abgefangen habe. In Tel Aviv waren mehrere Detonationen zu hören - offenbar die Abschussgeräusche des Abwehrsystems »Eisenkuppel«.

Die Kassam-Brigade, der militärische Arm der Hamas, hatte die Angriffswelle zuvor über SMS-Botschaften und via Twitter angekündigt. Damit sollte der Tod eines Neffen des führenden Hamas-Politikers Ismail Hanija vergolten werden. Er war am Samstag bei einem israelischen Luftangriff ums Leben gekommen. Am Samstagabend wurden laut Armee zudem erneut zwei Raketen vom Libanon aus auf Israel abgeschossen. Sie landeten nördlich der Stadt Naharija auf freiem Feld. dpa/nd

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