Fall Bockhahn beschäftigt die Rostocker Bürgerschaft

Linkspolitiker wurde zum Sozialsenator gewählt, doch das Verwaltungsgericht stellte sich quer

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Nach Ansicht des Verwaltungsgerichts Schwerin war die Wahl von Steffen Bockhahn (LINKE) zum Rostocker Sozialsenator ungültig - und er auch nicht geeignet. Die Bürgerschaft muss nun beraten.

Die Besetzung von Senatorenposten in der Hansestadt Rostock gleicht einem Hürdenlauf. Mitten im Hochsommer kommt an diesem Dienstag die Bürgerschaft der größten Stadt Mecklenburg-Vorpommerns zu einer Sondersitzung zusammen. Thema: Wie soll mit dem Beschluss des Verwaltungsgerichts Schwerin umgegangen werden, das die Wahl des Ex-Bundestagsabgeordneten der LINKEN, Steffen Bockhahn, zum Sozialsenator für ungültig erklärt hat? Der 35-Jährige war im März nach zähen Verhandlungen auf diesen Posten gewählt worden. Er sollte Nachfolger für die 2013 nach Hamburg abgewanderte Liane Melzer (SPD) werden.

Doch das Gericht machte der Bürgerschaftsmehrheit von Linkspartei, SPD und Grünen einen Strich durch die Pläne. Eine Mitbewerberin hatte geklagt, da sie nicht zur Anhörung geladen worden war. Das Gericht gab ihr Recht und vertrat zudem noch die überraschende Ansicht, dass Bockhahn die in der Stellenausschreibung genannten Anforderungen nicht erfülle. Auch der parteilose Oberbürgermeister Roland Methling hatte die fachliche Eignung des designierten Sozialsenators in Frage gestellt. Ohne schießt der OB in letzter Zeit gern mal quer. Erst vor gut zwei Wochen war der SPD-Politiker Chris Müller (46) zum Finanzsenator ernannt worden - nachdem sich der Amtsvorgänger bereits im August 2011 krank abgemeldet hatte. Methling hatte gegen Müllers Wahl wegen Formfehlern interveniert. Nach der Kommunalwahl lenkte er jedoch ein, eine erneute Abstimmung hätte angesichts der Mehrheitsverhältnisse kein neues Ergebnis gebracht.

Hintergrund des Streits ist der Konflikt zwischen dem parteilosen OB und einer rot-rot-grün dominierten Bürgerschaft, die ihre Kandidaten durchdrücken will. Formal ist das Stadtparlament dem Bürgermeister sogar vorgesetzt.

Der Präsident des Verwaltungsgerichts, Joachim Kronisch, legte am vergangenen Freitag in der »Ostsee-Zeitung« nach. »Im Rechtsstaat kommt dem parlamentarischen Gesetzgeber keine unbeschränkte Macht zu.« Diese habe sich auch an das gesetzliche Anforderungsprofil einer Ausschreibung zu halten. Dieses besage, dass ein Kandidat die Befähigung für den höheren Verwaltungsdienst besitzen und fünf Jahre lang ein solches Amt ausgeübt haben muss. Die Alternative wäre etwa das Amt als Bürgermeister oder Landrat. Die Zeit unter anderem als Bundestagsabgeordneter reicht da offensichtlich nicht. Eine Haltung, die angesichts Bockhahns langer Politkarriere vor allem bei der LINKEN auf Unverständnis stieß.

Bürgerschaftsmitglied Sybille Bachmann (Rostocker Bund) sprach dagegen von einer »schallenden Ohrfeige für das Parteiengeklüngel« durch das Gericht. »Fachkompetenz und Eignung für ein Amt gehen vor.«

Sollte die Bürgerschaft beschließen, das Oberverwaltungsgericht in Greifswald anzurufen, würde dieses nicht nur über die Personalie Bockhahn entscheiden. Es müsste auch die Antwort auf die Frage finden, ob ein Senator vor allem als Kommunalpolitiker tätig ist oder ob er eher ein Verwaltungsexperte sein muss. dpa/fal

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