CDU verlangt Schutz für Pro-Israel-Demos

Niedersachsens Innenminister Pistorius unter Druck

  • Hagen Jung, Hannover
  • Lesedauer: 3 Min.
Aus Demonstrationen um den Gaza-Konflikt hat Niedersachsens CDU-Opposition untaugliche Munition gegen Innenminister Boris Pistorius zu schmieden versucht. Ein allzu offensichtliches Manöver.

Die israelischen Angriffe auf die Gaza-Region hatten in den vergangenen Tagen in ganz Deutschland und darüber hinaus pro-palästinensische Demonstrationen ausgelöst - und auch Gegenkundgebungen für die Interessen Israels. So auch in Niedersachsen. Die CDU-Opposition im Landtag nutzte das aktuelle Geschehen am Mittwoch im Parlament, um Innenminister Boris Pistorius (SPD) unter Beschuss zu nehmen. Ob er »vor linkem Antisemitismus kapituliert«, wollte die Union wissen. Ihr parlamentarischer Geschäftsführer Jens Nacke verortete diejenigen, die am Wochenende in Göttingen und Hannover Demonstrationen gegen Israel organisiert hatten, offenbar klar in der linken Ecke. Einen Beleg dafür blieb er schuldig.

Bei der Demo in Göttingen sei eine Israel-Fahne verbrannt worden, und dort wie auch in der Landeshauptstadt sei es zu Auseinandersetzungen gekommen, erinnerte der CDU-Mann. Nacke warf der Polizei vor, die Pro-Israel-Demonstranten nicht effektiv geschützt zu haben. Diesen aber müsse der Minister durch seine Einsatzkräfte den gleichen Schutz gewähren wie denen, die alljährlich in Bad Nenndorf gegen Naziaufmärsche protestieren.

Zu offensichtlich war, wie die CDU auf den Karren sprang, um den Minister anzufahren. Und so erwiderte die stellvertretende Fraktionsvorsitzende der Grünen, Meta Janssen-Kucz: Die Union versuche, ein gefährliches Bild zu zeichnen, wonach linke Antisemiten Israel-Fahnen anzünden und der rot-grüne Innenminister dem nichts entgegensetzt. Das sei reiner Populismus und dazu noch fahrlässig. Es dränge sich der Eindruck auf, dass die CDU die »äußerst angespannte Situation« rücksichtslos für die eigene politische Profilierung nutzen will.

In der aktuellen Situation, so Janssen-Kucz, müssten konkrete Auflagen für Demonstrationen gemacht werden. Wenn dann dagegen verstoßen werde, durch »antisemitische Volksverhetzung«, müsse »konsequent das Recht angewendet werden«.

Auch der Abgeordnete Michael Höntsch (SPD) wünscht sich Maßnahmen, die hasserfüllte Parolen verbieten. Er verwies auf das Vorgehen der Berliner Justiz gegen antisemitische Hetzparolen. Der Ruf »Jude, Jude, feiges Schwein« sei kein Strafbestand der Volksverhetzung. Die Polizei könne nicht eingreifen, denn diese Beleidigung müsse erst jemand anzeigen, der sich beleidigt fühlt. Die Innenbehörde der Hauptstadt werde deshalb mit einer Verordnung, einem Verbot reagieren, so Höntsch. Er kündigte an: »In Niedersachsen werden diese Rufe ebenfalls unterbunden werden; da können wir uns auf unseren Innenminister verlassen.«

So wie Sprecher aller Parteien, verurteilte auch Boris Pistorius antisemitische Äußerungen im Zusammenhang mit Demonstrationen um den Gaza-Konflikt aufs Schärfste. Zu den Anwürfen der Union sagte er: Die Demo in Göttingen sei nicht von linken Antisemiten angemeldet worden, und ihre Teilnehmer seien auch nicht in der Masse dem linken Antisemitismus zuzuordnen. Der Minister warnte davor, »alle Strömungen vom linksextremen Antiimperialismus bis hin zum rechtsextremen Judenhass, vom Antizionismus bis zum Antisemitismus miteinander zu vermengen«. Die Problematik müsse differenziert behandelt werden, »nur dann können wir wirksam vorgehen«. Das ernste Thema sollte man »nicht für kurzfristige Showeffekte benutzen«, so reagierte Pistorius abschließend auf die CDU.

Werde Mitglied der nd.Genossenschaft!
Seit dem 1. Januar 2022 wird das »nd« als unabhängige linke Zeitung herausgeben, welche der Belegschaft und den Leser*innen gehört. Sei dabei und unterstütze als Genossenschaftsmitglied Medienvielfalt und sichtbare linke Positionen. Jetzt die Beitrittserklärung ausfüllen.
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft

Linken, unabhängigen Journalismus stärken!

Mehr und mehr Menschen lesen digital und sehr gern kostenfrei. Wir stehen mit unserem freiwilligen Bezahlmodell dafür ein, dass uns auch diejenigen lesen können, deren Einkommen für ein Abonnement nicht ausreicht. Damit wir weiterhin Journalismus mit dem Anspruch machen können, marginalisierte Stimmen zu Wort kommen zu lassen, Themen zu recherchieren, die in den großen bürgerlichen Medien nicht vor- oder zu kurz kommen, und aktuelle Themen aus linker Perspektive zu beleuchten, brauchen wir eure Unterstützung.

Hilf mit bei einer solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl.

Unterstützen über:
  • PayPal