EU dreht an der Sanktionsschraube

Internationaler Währungsfonds senkt Ausblick für Russland und gesamte Weltwirtschaft

  • Simon Poelchau
  • Lesedauer: 3 Min.
Die EU weitet die Sanktionen gegen Russland aus. Derweil trübt sich die Stimmung in der deutschen Wirtschaft immer mehr ein.

Die Europäische Union weitet ihre Sanktionen gegen Russland aus. Am Donnerstagabend einigten sich die EU-Botschafter der 28 Mitgliedsländer darauf, weitere 15 Personen und 18 Unternehmen und Institutionen auf die Sanktionsliste zu setzen. Damit soll es aber nicht genug sein. Die EU-Kommission wurde beauftragt, bis zum Montag Verordnungstexte für die Umsetzung von weiteren wirtschaftlichen Strafmaßnahmen gegen Moskau vorzulegen.

Währenddessen verschlechtert sich die Stimmung in der Wirtschaft - auch wegen der Ukraine-Krise. »Die geopolitischen Spannungen belasten die deutsche Wirtschaft«, sagte der Chef des ifo Instituts für Wirtschaftsforschung, Hans-Werner Sinn, bei der Vorstellung des ifo-Geschäftsklimaindex. Dieses Konjunkturbarometer hat sich nun das dritte Mal in Folge verschlechtert.

Bereits am Mittwochabend senkte der Internationale Währungsfonds (IWF) seine Prognose für die globale Wirtschaftsleistung. Diese werde im Jahr 2014 voraussichtlich nur um 3,4 Prozent zulegen - 0,3 Prozent geringer als noch im April angenommen. Für Russland korrigierte der IWF seine Prognose sogar um 1,1 Prozent auf 0,2 Prozent nach unten. Doch treffen die Sanktionen nicht nur Moskau. Auch Volkswirtschaften mit sehr aktiven und direkten Handelsbeziehungen mit Russland, vor allem in Ost- und Mitteleuropa sowie Zentralasien, würden in Mitleidenschaft gezogen, sagte IWF-Sprecher William Murray.

So haben die Strafmaßnahmen auch Auswirkungen auf deutsche Unternehmen. Der Deutsche Industrie- und Handelskammertag schätzt, dass jeder vierte heimische Exporteur von den Sanktionen betroffen ist. Nach Angaben des Statistischen Bundesamtes führt jedes zehnte Unternehmen direkt nach Russland aus. Der Gesamtwert der gelieferten Waren belief sich dabei im letzten Jahr auf 36,1 Milliarden Euro.

Besonders Maschinen und Fahrzeuge »Made in Germany« erfreuen sich in Russland großer Beliebtheit. »Die Russen würden uns die Maschinen ja gern abnehmen, aber es ist nicht sicher, ob sie zum Zeitpunkt der Fertigstellung überhaupt noch nach Russland ausgeführt werden können«, zeigt sich deshalb der Präsident des Machschinenbauer-Verbandes VDMA, Reinhold Festge, über die EU-Sanktionen nicht gerade erfreut.

Dessen ungeachtet gibt es in der deutschen Politik Forderungen nach noch schärferen Sanktionen. Lediglich Vertreter der LINKEN sprachen sich am Donnerstag in einer Sondersitzung des Auswärtigen Ausschuss des Bundestages gegen weitere Maßnahmen aus. »Sanktionen ersetzen kein politisches Konzept«, erklärte der stellvertretende Vorsitzende der Linksfraktion, Wolfgang Gehrcke.

»Wir sollten mögliche Großmachtfantasien Russlands nicht durch europäische Waffensysteme bestärken«, forderte der verteidigungspolitische Sprecher der CSU-Landesgruppe im Bundestag, Florian Hahn, ein Waffenembargo. Dies wird von der Grünen-Fraktionschefin Katrin Göring-Eckhardt unterstützt: »Es muss endlich mehr passieren.« Dazu wird es voraussichtlich kommen. Vertreter der EU-Regierungen einigten sich am Freitag grundsätzlich auf weitere Strafmaßnahmen. Neben einem Verbot von Waffenexporten soll es Handelsbeschränkungen für Hochtechnologieprodukte und Spezialanlagen zur Öl- und Gasförderung geben. Auch ist geplant, russischen Firmen den Zugang zu EU-Finanzmärkten zu erschweren. Bereits am Dienstag sollen diese Maßnahmen von den EU-Botschaftern abgesegnet werden.

Indes scheint die Krise bei den Konsumenten noch nicht angekommen zu sein. So stieg der GfK Konsumklimaindex im Juli noch an. Doch könne die Stimmung schnell kippen, wenn sich die Krise weiter zuspitzt und Arbeitsplätze in Gefahr geraten, so die GfK-Konsumforscher.

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