Kipping: Kriege wieder gewöhnliches Mittel der Politik

Linkenvorsitzende mahnt anlässlich des 100. Jahrestag des Beginns des Ersten Weltkrieges zu Diplomatie und Stopp von Rüstungsexporten / Gauck reist nach Frankreich, Belgien und Großbritannien

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Berlin. Anlässlich des 100. Jahrestag des Beginns des Ersten Weltkrieges hat die Vorsitzende der Linkspartei, Katja Kipping, daran erinnert, «dass Kriege damals wie heute fast immer aus ökonomischen und geostrategischen Gründen geführt werden, und nicht für vermeintlich hehre Motive wie Menschenrechte». Kriege seien «wieder zum gewöhnlichen Mittel der Politik geworden». Er sei «längst nicht mehr die Ultima Irratio, wie Willy Brandt den Krieg einst nannte», so Kipping. Sie forderte eine Politik, die auf Verhandlungen und auf kollektive internationale Organisationen wie die UN oder die OSZE setzt - und nicht wie der Krieg «allein auf das Recht des militärisch Stärkeren». Gegenwärtig würden das internationale Recht und die internationalen Organisationen jedoch «zunehmend geschwächt». Daran haben alle großen Blöcke und Länder ihren Anteil: Die USA, Russland, aber auch Deutschland, die mit völkerrechtswidrigen Kriegen und Annexionen«, so Kipping. Die Linkenpolitikerin sprach sich zugleich gegen Waffenhandel aus. Es sei »höchste Zeit für ein Verbot von Rüstungsexporten«.

100 Jahre Erster Weltkrieg
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Derweil ist Bundespräsident Joachim Gauck nach Frankreich abgereist, um gemeinsam mit dem französischen Präsidenten François Hollande an den Ausbruch des Ersten Weltkriegs vor genau 100 Jahren zu erinnern. Im Elsass wollen die beiden Staatsoberhäupter den Grundstein für eine deutsch-französische Erinnerungsstätte legen. Dort, auf dem Hartmannsweilerkopf, waren bei verlustreichen Kämpfen fast 30 000 Deutsche und Franzosen ums Leben gekommen. Am 3. August 1914 hatte das Deutsche Reich Frankreich den Krieg erklärt. Angesichts der aktuellen Konflikte in Nahost und um die Ukraine wird erwartet, dass Gauck ebenso wie Hollande dazu aufrufen, Lehren aus der Katastrophe des Ersten Weltkriegs zu ziehen.

Erklärung der Historischen Kommission der Linkspartei
Mit ihrem Erfurter Programm hat sich DIE LINKE in der Tradition derer verortet, die in Opposition zum Ersten Weltkrieg standen und am internationalistischen und antimilitaristischen Erbe der sozialistischen Bewegung festhielten. Mehr hier

Am Montag nimmt Gauck in Belgien an Gedenkfeiern zum 100. Jahrestag des Kriegsausbruchs teil. Dazu werden etwa 20 Staats- und Regierungschefs erwartet. Auch die britischen Prinzen William und Harry sind bei der Zeremonie dabei. Am 4. August 1914 hatte Deutschland Lüttich angegriffen, nachdem deutsche Truppen in der Nacht zuvor in das neutrale Belgien einmarschiert waren.Gemeinsam mit dem belgischen König Philippe besucht Gauck auch die Stadt Löwen, die Ende August 1914 von deutschen Truppen fast vollständig zerstört worden war. Auch die Universitätsbibliothek mit unersetzlichen Büchern und Handschriften wurde vernichtet. Auf Einladung des britischen Premierministers David Cameron nimmt der Bundespräsident am Montagabend an einer Feier auf dem deutsch-britischen Soldatenfriedhof St. Symphorien bei Mons teil. Am 4. August 1914 hatte Großbritannien dem Deutschen Reich den Krieg erklärt.

Kremlchef Wladimir Putin hat zum 100. Jahrestag des Beginns des Ersten Weltkriegs gemahnt, dass der Friede in Europa »zerbrechlich« sei. Ohne den blutigen Konflikt in der Ukraine direkt zu erwähnen, sagte Putin am Freitag in Moskau: »Die Menschheit sollte längst begriffen und die wichtigste Wahrheit anerkannt haben: Gewalt erzeugt Gewalt.« Frieden und Wohlstand seien nur durch »guten Willen und Dialog« zu erreichen. Dies seien die Lehren aus Kriegen, sagte der Kremlchef der Agentur Interfax zufolge bei der Einweihung eines Denkmals für die Opfer des Ersten Weltkriegs.

Russland hatte die proeuropäische Führung in Kiew immer wieder aufgefordert, den Militäreinsatz gegen die prorussischen Separatisten in der Ostukraine zu stoppen. So sollten Gespräche für eine friedliche Lösung des Konflikts beginnen. Der Erste Weltkrieg, sagte Putin, sei ein »tragisches Beispiel« dafür, was passiere, wenn sich Menschen nicht zuhörten. »Er erinnert uns daran, wozu Aggression und Egoismus, maßlose Ambitionen der Staatenführer und politischen Eliten führen, die sich über den gesunden Menschenverstand erheben«, sagte Putin. Dies habe Europa damals ins Chaos gestürzt. »Es ist gut, sich daran auch heute zu erinnern«, betonte Putin. An dem Konflikt in der Ukraine geben sich der Westen und Russland gegenseitig die Schuld. dpa/nd

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