Run auf Bundesschatzbriefe

Die internationale Lage sorgt für einen Kursrutsch bei Aktien

  • Ulrich Glauber, 
Frankfurt am Main
  • Lesedauer: 3 Min.
Immer neue Krisennachrichten haben dazu geführt, dass die Anleger auf den Finanzmärkten in die »sicheren Häfen« fliehen. Die Korrektur bei den Börsenkursen war aber ohnehin fällig.

In den vergangenen Monaten kannten die Börsenkurse nur eine Richtung: nach oben. Doch das Blatt hat sich gewendet. Schlechte geopolitische Nachrichten wie der Handelskrieg des Westens mit Russland, der Konflikt zwischen Israel und der Hamas oder die instabile Lage in Irak haben die Börsenplätze schwer getroffen. Die Ankündigung der USA, den bedrohten Kurden in Nordirak mit Bomben zu Hilfe kommen, bedeutete da nur das Tüpfelchen auf dem i.

Ein Beispiel für den Einbruch ist der Euro-Stoxx 50, in dem die Aktienentwicklung der 50 wichtigsten Konzerne der Eurozone zusammengefasst ist: Seit seinem letzten Hoch am 19. Juni hat der Leitindex fast zehn Prozent eingebüßt. Das Gleiche gilt für den Deutschen Aktienindex (DAX) - wegen dessen Allzeithoch von über 10 000 Punkten ließen die Händler im Juni noch die Sektkorken knallen, am gestrigen Freitag tauchte er sogar kurz unter die 9000er Marke ab, bevor er sich leicht erholte. Allein in den vergangenen acht Handelstagen rutschte der DAX um etwa 600 Punkte ab.

Dass es am gestrigen Freitag nach schon fast panikartigen Verkäufen zu Handelsbeginn nicht noch schlimmer kam, ist wohl auch neuesten Zahlen des Statistikamts Insee in Paris zu verdanken. Nach dessen Angaben hat sich die Industrieproduktion in Frankreich im Juni stärker erholt als erwartet. Der Einbruch des Vormonats konnte damit zwar nicht wettgemacht werden. Entkräftet wurden aber zumindest Sorgen, es könnten ähnliche Rezessionssignale kommen wie zuvor vom italienischen Bruttoinlandsprodukt.

Dennoch ist nicht zu übersehen, dass die Anleger jede Lust auf Risiken verloren haben. Untrügliches Anzeichen des Runs auf sichere Anlagen sind wie immer die Kurse der »Bundesschätzchen«. Wer dem deutschen Staat momentan Geld für zehn Jahre borgt, bekommt nur noch 1,03 Prozent Zinsen, so wenig wie noch nie. Bei Anleihen mit zweijähriger Laufzeit zahlt der Gläubiger sogar drauf, denn am Donnerstagmorgen sanken die Renditen erstmals seit Mai 2013 wieder unter null Prozent, auf minus 0,001 Prozent. Gold erlebt in dieser Situation eine Renaissance. Eine Feinunze, die Anfang Juni noch für 1243 Dollar zu haben war, kostet inzwischen rund 1300 Dollar.

Analysten sind der Meinung, dass die negative Entwicklung an den Aktienmärkten noch eine Weile weitergehen wird. Dass dafür nur die internationalen Krisenherde verantwortlich gemacht werden können, bezweifeln viele Aktienstrategen. Die Tatsache, dass die Indices im Frühsommer zu immer neuen Rekordmarken eilten, war nach ihrer Ansicht von den Kennziffern der Unternehmen nicht mehr gedeckt. Die Kurskorrekturen seien daher gerechtfertigt - und noch keineswegs abgeschlossen. Inzwischen solle man »nicht ins fallende Messer greifen«, wird auf dem Parkett eine alte Börsenweisheit zitiert, die vom Aktienkauf bei stark fallenden Kursen abrät.

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