US-Regierung wirft Moskau erneut Eingreifen in Ukraine vor

Angeblich 100 Fahrzeuge über die Grenze gerollt / Russische Regierung: »Wir sind nicht daran interessiert, den ukrainischen Staat zu zerstören«

  • Lesedauer: 3 Min.

Berlin. Die US-Regierung beschuldigt Russland abermals, Panzerkolonnen, gepanzerte Fahrzeuge und Raketenwerfer in die Ukraine geschickt zu haben. Moskau wies erneut Vorwürfe einer geplanten Annexion zurück. Russische Truppen seien 50 Kilometer hinter der Grenze auf ukrainischem Boden entdeckt worden, ohne dass Details des Einsatzes bekannt wären, teilte das Außenministerium am Mittwoch in Washington mit. Sprecherin Jen Psaki zeigte sich besorgt und sagte, dass der Einfall auf eine russische Gegenoffensive in den seit Wochen umkämpften Städten Donezk und Lugansk hindeute. Zudem seien russische Soldaten zur Beerdigung zurück in ihr Heimatland gebracht worden.

Dass Russland sich zunehmend auf den Süden der gemeinsamen Landesgrenze mit der Ukraine zu konzentrieren scheint, schürt Befürchtungen über eine möglichen Invasion der Hafenstadt Mariupol. Das ukrainische Militär hatte bereits die Vermutung geäußert, dass dort eine »zweite Front« geschaffen werden solle. Die Aufständischen wie auch Moskau hatten diese Vorwürfe zurückgewiesen. Die Region Mariupol ist die Landverbindung zwischen Russland und der von Moskau im März einverleibten Halbinsel Krim. Zu Vermutungen über eine mögliche russische Landbrücke zur Krim äußerte sich Psaki nicht.

Ein ukrainischer Militärsprecher erklärte, insgesamt seien mehr als 100 russische Fahrzeuge im Osten der Ukraine unterwegs. Allerdings konnte der nationale Sicherheitsrat in Kiew diese Angaben am Abend nicht bestätigen. Kiew hat in der Vergangenheit schon häufiger von eingedrungenen Militärkonvois aus Russland gesprochen, dafür aber keine stichhaltigen Beweise vorgelegt.

Moskau wies erneut Vorwürfe einer geplanten Annexion der umkämpften Gebiete Donezk und Lugansk zurück. »Wir sind nicht daran interessiert, den ukrainischen Staat zu zerstören«, sagte Außenminister Sergej Lawrow. Allerdings dürften russische Bürger in der Ostukraine nicht benachteiligt werden. Die russische Nachrichtenagentur Ria Novosti zitiert Lawrow mit den Worten, Russland respektiere den Willen des ukrainischen Volkes, sagte Lawrow. »Doch dieses Volk muss die Möglichkeit bekommen, nicht mitten im Krieg und nicht unter Bomben« seinen Willen zu äußern und eine Einigung zu erzielen. Russland wolle, dass die Rechte aller Minderheiten in der Ukraine respektiert werden. »Es liegt in unserem gemeinsamen Interesse, dass die Ukraine die zahlreiche russische Bevölkerung beibehält und komfortabel für die Russen ist.«

In einem Telefonat mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin verlangte Bundeskanzlerin Angela Merkel Aufklärung über Berichte zur Präsenz russischer Soldaten auf ukrainischem Territorium. Russland sei aufgerufen, hierzu seinen Teil beizutragen, teilte Regierungssprecher Steffen Seibert mit. Merkel habe die große Verantwortung Russlands für eine Deeskalation und für eine Überwachung der eigenen Grenze unterstrichen. Nach Angaben des Kremls fand das Telefonat auf Initiative der Bundesregierung statt. Putin habe Merkel dabei über einen geplanten zweiten Hilfskonvoi Moskaus für das Krisengebiet informiert. Ein erster Konvoi hatte in den vergangenen Wochen einen heftigen Streit zwischen Moskau und Kiew ausgelöst.

Zuvor hatte die Kanzlerin mit dem ukrainischen Präsidenten Petro Poroschenko telefoniert. Dabei appellierte sie an beide Seiten, endlich zu einem Waffenstillstand und zu einer zuverlässigen Kontrolle der Grenze zu kommen. Die Kämpfe im Osten der Ukraine gingen ungeachtet aller Appelle auch am Mittwoch weiter. Sowohl die ukrainische Armee als auch die Aufständischen sprachen von Geländegewinnen. dpa/nd

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