Ukrainische Truppen geben Flughafen Lugansk nach Gefechten auf

Russland dementiert erneut Militärintervention in der Ukraine / Laut russischer Menschenrechtsorganisation bereits 15.000 russische Soldaten in der Ukraine

  • Lesedauer: 3 Min.
Nach Kämpfen mit einem russischen Panzerbataillon haben ukrainische Soldaten den Flughafen Lugansk aufgegeben. Russlands Außenminister Lawrow dementierte erneut eine Militärintervention seines Landes in der Ukraine

Donezk. Nach Kämpfen mit einem russischen Panzerbataillon haben ukrainische Soldaten nach Angaben aus Kiew den Flughafen Lugansk aufgegeben. Die Soldaten hätten sich am Montag vom Flugfeld und dem nahe gelegenen Ort Georgijiwka in der Ostukraine zurückgezogen, sagte Armeesprecher Andrej Lyssenko. Russlands Außenminister Sergej Lawrow dementierte erneut eine Militärintervention seines Landes in der Ukraine.

Der ukrainische Militärsprecher Leonid Matjuchin hatte am Montag zunächst mitgeteilt, ukrainische Fallschirmjäger seien im Einsatz, um den Flughafen Lugansk gegen russische Panzer zu verteidigen. Lyssenko erklärte später, die ukrainischen Truppen seien unter Artilleriebeschuss russischer Streitkräfte geraten. Angesichts der »Präzision« der Angriffe sei klar, dass »professionelle Artillerietruppen« der russischen Armee beteiligt seien. Nach stundenlangen Gefechten hätten sich die ukrainischen Soldaten schließlich zurückgezogen.

Der ukrainische Verteidigungsminister Waleri Geletej hatte am Sonntagabend dem Fernsehsender Inter gesagt, dass russische Truppen in Donezk und Lugansk präsent seien. Die Ukraine kämpfe gegen Russland, und Russland entscheide, was in der Donbass-Region passiere, sagte der Minister mit Blick auf die Gegend von Donezk und Lugansk.

Der ukrainische Präsident Petro Poroschenko sagte am Montag, dass sich die Situation in den vergangenen Tagen verschlechtert habe und es eine »direkte und offene Aggression des Nachbarstaates gegen die Ukraine« gebe. Die ukrainische Armee hatte angesichts der Blitzoffensive der Separatisten in den vergangenen Tagen zahlreiche Stellungen aufgeben müssen.

Moskau hat bislang alle Vorwürfe einer Militärintervention zurückgewiesen. Allerdings waren erst vergangene Woche zehn russische Fallschirmjäger auf ukrainischem Territorium festgenommen worden. Am Montag dementierte Russland erneut ein militärisches Eingreifen. »Es wird keine Militärintervention geben«, betonte Außenminister Sergej Lawrow. Moskau trete »einzig für eine friedliche Beilegung dieser schweren Krise, dieser Tragödie« ein.

Lawrow forderte zugleich Gespräche über eine sofortige und bedingungslose Waffenruhe. Dies müsse Thema beim Treffen der Ukraine-Kontaktgruppe in Minsk am Montag sein. An dem Treffen sollten Vertreter der Ukraine, Russlands sowie der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) teilnehmen. Nach Angaben eines Sprechers der selbsternannten »Volksrepublik Donezk« sollten auch die Separatisten vertreten sein.

Laut einer russischen Menschenrechtsorganisation sollen in den vergangenen zwei Monaten bis zu 15.000 russische Soldaten in die Ukraine geschickt worden sein. Mehrere hundert von ihnen seien bereits gefallen, sagte die Präsidentin des Komitees der Mütter russischer Soldaten, Valentina Melnikowa, der Nachrichtenagentur AFP.

Russlands Präsident Wladimir Putin warf Europa indes vor, »direkte Angriffe« der ukrainischen Armee auf Zivilisten in der Ostukraine zu ignorieren. Das ukrainische Militär ziele »direkt auf Wohngegenden«, sagte Putin laut russischen Medienberichten. Ziel der Separatisten hingegen sei es, die ukrainische Armee zurückzudrängen und den Schutz der Zivilbevölkerung zu gewährleisten.

Erstmals äußerte sich Putin auch zu den angedrohten neuen EU-Sanktionen. Er hoffe, dass sich »der gesunde Menschenverstand« durchsetze, beide Seiten »normal« zusammenarbeiteten und sich nicht gegenseitig schadeten. Die EU hatte Moskau zuletzt mit neuen Sanktionen gedroht, sollte die »Aggression der russischen Streitkräfte« nicht gestoppt werden.

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) sagte am Montag in einer Regierungserklärung, es werde »immer klarer«, dass es »sich von Anfang an nicht um einen Konflikt innerhalb der Ukraine, sondern um eine Auseinandersetzung zwischen Russland und der Ukraine« gehandelt habe. Der polnische Regierungschef und designierte EU-Ratspräsident Donald Tusk warnte vor den Gefahren eines Krieges »nicht nur im Osten der Ukraine«.

Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) warnte Russland in der »Märkischen Allgemeinen« vor der Annexion einer Landverbindung zur Halbinsel Krim, wo Moskau offenbar Versorgungsschwierigkeiten habe. Auf der Krim war in der Nacht zum Montag der Strom ausgefallen, woraufhin örtliche Beamte Kiew der Sabotage beschuldigten. afp/nd

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