Moskau sieht in NATO ein Sicherheitsrisiko
Russland kein strategischer EU-Partner mehr / Umstrittene Aussagen der Präsidenten Putin und Gauck
Washington, einige europäische Hauptstädte, Brüssel und die NATO peitschten die Stimmung zugunsten der »Positionen der ukrainischen Kriegspartei« auf, beklagte Russlands Außenminister Sergej Lawrow am Dienstag in Moskau. Er sah laut RIA/Nowosti nur noch die USA in der Lage, die Führung in Kiew zu einer friedlichen Lösung der ukrainischen Krise zu bewegen. Der bewaffnete Konflikt trieb inzwischen eine halbe Million Menschen in die Flucht, bestätigte die UNO. 20 bei Kämpfen verletzte ukrainische Soldaten kamen am frühen Abend in Berlin zur Behandlung in Deutschland an.
Angesichts der Debatte um eine Erhöhung der Einsatzfähigkeit der NATO warnte UNO-Generalsekretär Ban Ki Moon das westliche Verteidigungsbündnis, dass es im Ukraine-Konflikt »keine militärische Lösung« gebe. »Es muss einen politischen Dialog für eine politische Lösung geben«, fügte er hinzu. Er appelliere an die Ukraine und Russland, den Konflikt friedlich zu lösen.
Russland sei für die EU kein strategischer Partner mehr, sagte die designierte EU-Außenbeauftragte Federica Mogherini. Der lettische Staatspräsident Andris Berzins wandte sich am Vorabend des Besuches von US-Präsident Barack Obama im Baltikum gegen ein militärisches Eingreifen, trat aber für eine langfristige NATO-Präsenz in der Region ein.
Als Reaktion auf eine verstärkte Stationierung von NATO-Truppen in Osteuropa erwägt Russland inzwischen eine Einstufung des Verteidigungsbündnisses als Gefährdung seiner Sicherheit, wie der Vizechef des russischen Sicherheitsrats, Michail Popow, informierte.
In Moskau nahm der Kreml zu einer Äußerung von Staatschef Wladimir Putin Stellung, die international für Aufsehen und Empörung gesorgt hatte. »Wenn ich wollte, könnte ich Kiew binnen zwei Wochen einnehmen« sei aber eine völlig aus dem Zusammenhang gerissene Aussage, teilte Putins außenpolitischer Berater Juri Uschakow mit. Die Veröffentlichung der angeblich in einem Telefonat mit EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso gefallenen Äußerung sei in jedem Fall »nicht angemessen«.
Auf Kritik stießen auch Äußerungen des Bundespräsidenten Joachim Gauck. Es zeuge von wenig historischer Sensibilität, sagte der Linkspartei-Vorsitzende Bernd Riexinger gegenüber »Handelsblatt Online«, wenn ein deutsches Staatsoberhaupt am Jahrestag des Weltkriegsausbruchs Öl ins Feuer eines europäischen Konflikts gieße. Gauck hatte am Vortag »Aggressor« Russland mit westlicher Entschlossenheit gedroht.
Die Vertreter der Führungen des abtrünnigen Ostens forderten beim Treffen der Ukraine-Kontaktgruppe einen Sonderstatus für die Region. Bei einem vierstündigen Gespräch in der belarussischen Hauptstadt Minsk tauschten die Konfliktparteien am Montagabend Positionen aus und könnten Freitag weiter verhandeln. Mit Agenturen
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