Zwei Linien oder verteilte Rollen
Klaus Joachim Herrmann über Widersprüche in der Führung in Kiew
Russlands Präsidenten ist allgemein die Rolle des Bösewichts zugewiesen. Des »Aggressors« wegen reiste der US-Präsident ins Baltikum, spitzt der NATO-Generalsekretär Worte wie Pfeile und schmiedet seine »Speerspitze«, werden Manövergebiete bei Nachbarn abgesteckt. Die Waliser Botschaft soll lauten, dass alles um des Friedens Willen geschehe. Dann aber muss man ja bekanntlich zum Kriege rüsten. So werden Tricks ersonnen, um die Osteuropa verbotene »permanente« Stationierung in den Vertragsrahmen der NATO-Russland-Grundakte zu zaubern. Vom Kreml und vielleicht auch dem ukrainischen Präsidenten lässt man sich nicht beirren.
Denn selbst der Präsident aus Kiew räumte schon große Übereinstimmung mit dem Moskauer Amtskollegen ein und setzt auf einen Schwenk zur Entspannung. Nichts wäre besser, als beide beim Wort zu nehmen. Doch schon der ukrainische Premierminister blockt provozierend. Jazenjuk nennt Putins Plan eine »Täuschung«, fordert den Militärpakt NATO an und sein Land hinein, will länger als im Kalten Krieg durch Europa eine 2000 Kilometer lange Mauer ziehen.
Wenn aber Präsident und Premier so gegenteilig agieren, wäre gut zu wissen, was Kiew nun will. Es könnten hier auch zwei Lager und Linien miteinander kämpfen oder die Chefs einfach mit verteilten Rollen spielen.
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