Abgekapselter Wachstumszwang

Kurt Stenger über eine Nestlé-Investition, die Jobs und sehr viel Müll bringt

Es gibt unzählige Produkte in der bunten Warenwelt, die unnötig wie ein Kropf sind. Und doch lassen sie sich verkaufen, manche sogar in riesigen Mengen. Das hält den Kapitalismus in Gang, denn Konzerne brauchen Wachstum. Nebenbei bringt das Arbeitsplätze, was die betreffenden Familien freut und auch die Politik. Bei der Eröffnung des neuen Nestlé-Werkes in Schwerin ließen es sich selbst die Bundessozialministerin und der Landesvater Mecklenburg-Vorpommerns nicht nehmen, mit einem Tässchen Dolce Gusto in die Kamera zu prosten: 450 neue Industrie-Jobs - in dem strukturschwachen Land mehr als ein Tropfen auf den heißen Stein.

Die Tatsache, dass die Kaffeekapselwelt aus Umweltsicht der blanke Horror ist, wurde beim Festakt nicht aufgebrüht. Jedes Portiönchen Kaffee in einen Mix aus Plastik und Aluminium zu verpacken, hat fatale Folgen: riesige Müllmengen, die häufig nicht einmal recycelt werden. Und Aluhersteller sind Mega-Energieverbraucher, deren EEG-Umlage der Normalbürger zahlt. Trotzdem steigt die Kapselnachfrage in Deutschland rapide - allein 2013 um mehr als ein Viertel. Dabei gibt es mit Filterkaffee und Vollautomat weit weniger schädliche Alternativen.

Die Kritik ist bekannt und unbestritten, konkrete Folgen hat sie nicht: Der Wachstumszwang hat sich schon lange abgekapselt.

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