Neue Sanktionen und eine Mauer

Am Freitag treten neue EU-Sanktionen in Kraft - sie richten sich russischen Banken, die Öl- und Rüstungsindustrie

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Nach tagelanger Kontroverse haben die EU-Botschafter neue Sanktionen gegen Russland beschlossen. Die plant auch die Ukraine - und beginnt gleichzeitig mit dem Bau einer Mauer, um sich von Russland abzuschotten.

Brüssel. Die Europäische Union verschärft ihre Wirtschaftssanktionen gegen Russland und setzt die neuen Strafmaßnahmen ab Freitag in Kraft. Darauf einigten sich die Botschafter der 28 EU-Staaten am Donnerstag in Brüssel nach mehrtägiger kontroverser Debatte. Im Konfliktgebiet in der Ostukraine gilt weiterhin eine Waffenruhe, die jedoch immer wieder gebrochen wird.

Die Sanktionen werden von einer Erklärung des EU-Ratsvorsitzenden Herman Van Rompuy begleitet, wie EU-Diplomaten ankündigten. In dieser Erklärung werde die EU ihre Bereitschaft zur Rücknahme der Sanktionen für den Fall zeigen, dass sich Russland konstruktiv um die Beendigung der Ukraine-Krise bemüht, hieß es. Die Erklärung sollte noch am Donnerstag veröffentlicht werden. Darin werde Van Rompuy mitteilen, dass die EU ihre Sanktionen im Blick auf die Umsetzung der Waffenruhe in der Ukraine überprüfen werde.

Die Sanktionen waren bereits am Montag beschlossen worden. Die Inkraftsetzung war jedoch umstritten, weil mehrere EU-Regierungen eine erneute Verschärfung der Krise befürchteten. Die Sanktionen sollen vor allem den Zugang russischer Banken zum EU-Kapitalmarkt erschweren, Hochtechnologieexporte für die Ölförderung in der Arktis verbieten und die russische Rüstungsindustrie treffen, so Diplomaten.

Russland steht im Verdacht, eigene Truppen und Waffen zur Unterstützung der Separatisten in das Konfliktgebiet zu schicken. Moskau bestreitet dagegen, eine Mitschuld an der Eskalation zu tragen.

Die Ukraine begann mit dem Bau von Befestigungsanlagen an der Grenze zu Russland. »Geplant sind zwei Verteidigungslinien«, teilte die Pressestelle der »Anti-Terror-Operation« am Mittwochabend in Kiew mit. Unabhängig davon will Regierungschef Arseni Jazenjuk entlang der Grenze auch eine rund 2300 Kilometer lange Mauer bauen lassen.

Der ukrainische Präsident Petro Poroschenko verlangte eine internationale Überwachung der brüchigen Waffenruhe im Osten seines Landes. In einem Telefonat mit Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) warb er für ein stärkeres Engagement der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE), wie das Präsidialamt in Kiew am Donnerstag mitteilte. Die prorussischen Separatisten berichteten erneut von vereinzelten Beschüssen in Donezk in der Nacht.

Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) wies Vorwürfe zurück, die Bundesregierung nehme zu viel Rücksicht auf Russland. Niemand habe das völkerrechtliche Vorgehen Russlands auf der Krim und im Osten der Ukraine entschiedener verurteilt als Deutschland, sagte Steinmeier im Bundestag. Zugleich gehe es aber auch darum, den Gesprächsfäden zu Moskau nicht abreißen lassen. »Wir wollen nicht den Kalten Krieg, wir wollen nicht den heißen Krieg, sondern wollen die europäische Friedensordnung erhalten.«

Der russische Gasmonopolist Gazprom verzeichnete im Zuge der Ukraine-Krise Gewinneinbrüche. Wegen gestoppter Lieferungen an die verschuldete Ukraine und verhältnismäßig gut gefüllter Gasspeicher in Europa sei der Überschuss im ersten Quartal 2014 um 41 Prozent auf 223 Milliarden Rubel (4,64 Milliarden Euro) gesunken, teilte das Unternehmen mit. Die russischen Gaslieferungen an den Westen würden aber ungeachtet der Ukraine-Krise stabil bleiben, sagte Russlands Botschafter in Berlin, Wladimir Grinin, im ARD-Morgenmagazin.

Nach Angaben des ukrainischen Präsidenten Poroschenko ließen die moskautreuen Separatisten weitere Armeeangehörige frei. Erste Soldaten seien in der Großstadt Dnjepropetrowsk eingetroffen. Beide Seiten sollen noch Hunderte Gefangene haben.

Ein umstrittenes ukrainisches Sanktionsgesetz tritt an diesem Freitag in Kraft. Nach der Unterzeichnung Poroschenkos veröffentlichte das Amtsblatt der Obersten Rada das gegen Russland gerichtete Gesetz. Die Initiative hatte eine Debatte über einen möglichen Transitstopp für russisches Öl und Gas nach Westeuropa ausgelöst. Russland hatte es scharf kritisiert.

In Russlands Östlichem Wehrbezirk begann eine Übung der Streitkräfte. Es handelte sich um eine standardmäßige Überprüfung der Gefechtsbereitschaft. Der Ort des Manövers liegt in Ostsibirien und an der Pazifikküste und ist damit Tausende Kilometer von der russisch-ukrainischen Grenze entfernt. dpa/nd

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