Ein verlorenes Jahr
Trauer um Flüchtlinge in Lampedusa / Räumung des DGB-Hauses in Berlin
Berlin. Kaum ein Tag vergeht, ohne dass ein Boot mit Flüchtlingen an Bord zwischen Europa und Afrika kentert, dass Menschen auf der Flucht aus Krieg und Armut ums Leben kommen. Sie nehmen das Sterben wortwörtlich in Kauf, wenn sie für die Überfahrt in eine friedlichere und vermeintlich bessere Welt zumeist ihr gesamtes Vermögen hergeben. Mehr als 3000 Flüchtlinge sind so schon allein dieses Jahr gestorben, mehr als in den Vorjahren. Die Katastrophe von Lampedusa vor einem Jahr hat daran nichts geändert.
Dieses andere Gesicht des 3. Oktobers - das eines brennenden Holzkahns unmittelbar vor einer Mittelmeerinsel, von Dutzenden um ihr Leben kämpfenden Menschen wenige Meter vor dem rettenden Ufer, das von am Strand angeschwemmten Leichen und Habseligkeiten, jenes Hunderter dunkelbrauner Särge in einem Flughafenhangar - es sorgte für eine erhöhte Aufmerksamkeit für die »Boatpeople«.
Die europäische Flüchtlingspolitik ist aber dieselbe geblieben. Das Sterben auf dem Mittelmeer geht weiter, auch wenn die italienische Regierung mit dem Rettungsprogramm »Mare Nostrum« (Unser Meer) geholfen hat, mehr als 140 000 Migranten sicher an Land zu bringen. Zum Monatsende wird es eingestellt.
»Es ist völlig klar, dass wir helfen müssen«, sagte EU-Parlamentspräsident Martin Schulz am Freitag in Lampedusa. »Schnelle Lösungen« könne er aber nicht versprechen. »Wir haben nicht aus den schrecklichen Ereignissen vom letzten Oktober gelernt«, sagte dagegen UN-Flüchtlingskommissar António Guterres. Sichere Zugangswege nach Europa forderte Grünen-Chefin Simone Peter. Und zu ermöglichen, dass »die Menschen künftig auch in anderen Ländern Asyl beantragen können«. Dass dies viele in Deutschland wollen, ist am Umgang mit Flüchtlingen in Berlin und in manch Asylunterkunft nicht abzulesen. kah
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