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Afrikanische Vorzeigedemokratie mit Schattenseiten

Botswanas Präsident Ian Khama geht am Sonntag trotz wachsender Kritik der Opposition siegessicher zur Wahl

  • Markus Schönherr, Kapstadt
  • Lesedauer: 3 Min.
Lange galt Botswana als Afrikas Vorzeigedemokratie. Doch die demokratische Fassade bröckelt. An diesem Freitag wird eine neue Regierung in dem südafrikanischen Land gewählt.

Kein Regierungssturz, friedliche Wahlen, weder Konflikt noch Bürgerkrieg. Doch ein zunehmend autoritäres Regime, beschnittene Pressefreiheit und die Diskriminierung von Minderheiten haben das Bild des Landes beschädigt.

Auch deshalb wird der amtierende Präsident, Ian Khama, auf die Stimmen der San kaum hoffen. Besser bekannt als »Buschleute«, sind die San das älteste Volk der Erde. Bis heute versucht die botswanische Regierung, sie in die moderne Zivilisation zu drängen. Meist mit Gewalt.

Ab 1997 vertrieb das Militär alle San aus dem Zentralen Kalahari-Wildpark (CKGR). Aktivisten bezeichneten die Vertreibung als »schleichenden Völkermord« und »ethnische Säuberung«. Heute ist das Volk gezeichnet von Depressionen, Alkoholmissbrauch und HIV/Aids. Es kämpft weiter für sein Recht, auf dem Land leben und jagen zu dürfen.

Im jüngsten Wahlkampf gingen die Wogen hoch. Die Beratungsagentur »Business Monitor International« warnte vor »zunehmender politischer Spannung«, die vor allem auf das Auftreten eines neuen Mitspielers zurückzuführen sei: Der »Umbrella for Democratic Change« (UDC) formierte sich letzten November aus drei Oppositionsparteien. In den vergangenen Wochen ließ die UDC nichts unversucht, Amtsinhaber Khama seine Position strittig zu machen. Mit der Unterstützung des mächtigen Gewerkschaftsbunds zeigt sich die Partei siegessicher und prophezeite ein ähnliches Szenario wie im benachbarten Sambia. Dort hatte die aktuelle Regierung nach Jahrzehnten in der Opposition vor Kurzem schließlich den Sieg davon getragen.

Doch Analysten warnen die Regierungsgegner vor Euphorie. Ein Sieg gelte Khama als gewiss. Die breite Bevölkerung favorisiere ihn nicht nur wegen seiner Sozialprogramme, sondern auch aufgrund der stabilen Wirtschaft, die er dem südafrikanischen Land seit seinem Amtsantritt 2008 bescherte.

Überhaupt gilt Botswana auf dem von Konflikten zerrütteten Kontinent als eine Hochburg des Friedens. 1966 wurde das Land unabhängig von Großbritannien. Seitdem regiert Khamas »Botswana Democratic Party« (BDP), und es kam weder zu ethnischen noch politischen Unruhen. Der Mo-Ibrahim-Index, der jedes Jahr die Regierungsführung afrikanischer Staaten misst, platzierte Botsuana auf Platz drei von 52.

Allerdings habe diese Stabilität einen hohen Preis, behaupten die Regimekritiker. Die Tageszeitung »Botswana Gazette« berichtete in den vergangenen Wochen von Anschlägen auf Polit-Aktivisten und von Einbrüchen in die Häuser von Oppositionskandidaten. Darunter sei auch der Führungskader des UDC gewesen. Ein Kampagnenleiter der Opposition soll nach einer Kundgebung tot mit Stichwunden gefunden worden seien. Auf schwere Verbrechen wie Mord steht in Botswana die Todesstrafe.

»Botsuanas saubere Hülle verdeckt den Schmutz«, schreibt die renommierte südafrikanische Wochenzeitung »Mail & Guardian«. Politisch aktive Vertreter der Zivilgesellschaft werden ungern gesehen. Die lokale Presse beschuldigt Khamas Regime schon lange der Unterdrückung. Wollen Journalisten über Innenpolitik berichten, müssen sie zunächst eine Erlaubnis von den Behörden einholen.

Neue Aufmerksamkeit weckte der Disput zwischen Presse und Regierung im September: Edgar Tsimane, ein Journalist in der Hauptstadt Gaborone, berichtete über einen Verkehrsunfall, in den Präsident Khama verwickelt gewesen sein soll. Während der Chefredakteur des »Sunday Standard« wegen Verhetzung und Verrat verhaftet wurde, konnte Tsimane rechtzeitig nach Südafrika fliehen. »Spione haben nach mir gesucht. Ich wurde gewarnt, dass mein Leben in Gefahr sei.« Das US-Außenministerium warnte die Regierung: »Die Verhaftung widerstrebt den grundlegenden Freiheiten, die Botswana in seiner demokratischen Tradition pflegt.« Aus Gaborone kam die undiplomatische Antwort, »die US-Regierung möge vor ihrer eigenen Tür kehren.«

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