Exporte nach Russland brechen ein

Deutsche Wirtschaft leidet zunehmend an schwächelnder Weltkonjunktur

  • Simon Poelchau
  • Lesedauer: 3 Min.
Die deutsche Konjunktur stagniert zum Ende des Jahres 2014. Sie ist sehr exportabhängig - und die Ausfuhren nach Russland sind innheralb eines Jahres um über 25 Prozent gesunken. Aber nicht, weil deutsche Produkte nicht mehr gefragt sind.

Deutsche Waren sind in Russland zum Ladenhüter geworden. Wie das Statistische Bundesamt am Mittwoch in Wiesbaden mitteilte, sind die Exporte in das Land im August im Vergleich zum Vorjahr um 26,3 Prozent eingebrochen. Derweil prognostizieren die Forscher des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) eine Stagnation der Konjunktur im letzten Quartal diesen Jahres.

Besonders deutlich traf der Rückgang des Russlandgeschäftes die Automobilindustrie. Ihr Absatz ging um 27,3 Prozent zurück. Insgesamt wurden in das Land nur noch Waren im Wert von 2,3 Milliarden Euro ausgeführt. Damit fiel Russland vom elften auf den 13. Platz der wichtigsten deutschen Absatzmärkte zurück.

Der Grund für den mauen Absatz deutscher Waren in dem Land an der Wolga dürfte weniger sein, dass sie dort nicht mehr beliebt sind. Vielmehr können sich die Russen Produkte «Made in Germany» nicht mehr leisten. Schon vor der Ukraine-Krise litt ihre Volkswirtschaft unter einer Konjunkturflaute. Nach Ansicht des Maximilian Podstawski vom DIW wurde diese Situation durch die Sanktionen der EU noch verschärft. «Auch die merkliche Abwertung des Rubels verteuert Waren aus der EU», erklärt der Konjunkturexperte. So fiel die Währung erst am Dienstag wieder auf ein neues Rekordtief gegenüber dem Euro von 54 Rubel.

Dabei geht es auch der deutschen Wirtschaft nicht mehr so blendend wie noch vor einem Jahr. So schrumpfte das Bruttoinlandsquartal im zweiten Quartal diesen Jahres. Und am Mittwoch vermeldete das DIW, dass ihr Konjunkturbarometer im Oktober um zwei Punkte auf einen Wert von 99,4 gefallen ist. Dabei leiden aus Sicht der Forscher besonders die Investitionen. Als Grund für die Zurückhaltung der Unternehmen nennen sie auch «geopolitische Krisen» wie die in der Ukraine. Deswegen wird die deutsche Wirtschaft nach Prognosen des DIW vermutlich im dritten Quartal diesen Jahres nur um 0,1 Prozent gewachsen sein und im vierten Quartal sogar stagnieren.

«Allerdings sind nicht nur die Exporte nach Russland eingebrochen. Im Zuge der schwachen Weltkonjunktur sind die deutschen Exporte insgesamt zuletzt rückläufig gewesen», fügt indes Podstawski hinzu. So sind die Ausfuhren im August generell um 5,8 Prozent gesunken. Ähnlich sieht es der wirtschaftspolitische Sprecher der LINKEN im Bundestag, Michael Schlecht. Es ist bedauerlich und unnötig, sich die russischen Zukunftsmärkte zu verspielen, aber für die deutsche Wirtschaft hält sich die Bedeutung des Einbruch in Grenzen«, so Schlecht gegenüber »nd«. Auch wenn einzelne Unternehmen tatsächlich schwer von den Sanktionen getroffen seien, so hält er die politischen Implikationen der der EU-Sanktionen »viel bedrohlicher«.

Was die Prognose für die deutsche Wirtschaft angeht, ist Schlecht jedoch pessimistischer als das DIW. »Möglicherweise könnte Deutschland sogar in eine leichte Rezession rutschen«, sagt der Volkswirt. Dabei drücken seiner Meinung nach weiterhin die Eurokrise und die relativ niedrigen Löhne hierzulande die heimische Wirtschaftsleistung. Damit es in der jetzigen Situation nicht zu einem »wirtschaftlichen Absturz« komme, fordert Schlecht ein staatliches Konjunkturprogramm in Höhe von 50 Milliarden Euro.

#ndbleibt – Aktiv werden und Aktionspaket bestellen
Egal ob Kneipen, Cafés, Festivals oder andere Versammlungsorte – wir wollen sichtbarer werden und alle erreichen, denen unabhängiger Journalismus mit Haltung wichtig ist. Wir haben ein Aktionspaket mit Stickern, Flyern, Plakaten und Buttons zusammengestellt, mit dem du losziehen kannst um selbst für deine Zeitung aktiv zu werden und sie zu unterstützen.
Zum Aktionspaket

Linken, unabhängigen Journalismus stärken!

Mehr und mehr Menschen lesen digital und sehr gern kostenfrei. Wir stehen mit unserem freiwilligen Bezahlmodell dafür ein, dass uns auch diejenigen lesen können, deren Einkommen für ein Abonnement nicht ausreicht. Damit wir weiterhin Journalismus mit dem Anspruch machen können, marginalisierte Stimmen zu Wort kommen zu lassen, Themen zu recherchieren, die in den großen bürgerlichen Medien nicht vor- oder zu kurz kommen, und aktuelle Themen aus linker Perspektive zu beleuchten, brauchen wir eure Unterstützung.

Hilf mit bei einer solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl.

Unterstützen über:
  • PayPal