Die Wut der Wähler
Olaf Standke über die Kongresswahlen in den USA, gefühlte Ängste und warum die Beteiligung am Votum so schwach war
Gelegentlich hatte der teuerste Kongresswahlkampf aller Zeiten geradezu groteske Momente. Etwa wenn sich Kandidaten der Demokraten unter verbalen Verrenkungen weigerten zuzugeben, einmal für Barack Obama gestimmt zu haben. Tatsächlich war der Präsident bei diesem Votum ein Fluch für die Partei. Die Beliebtheitswerte im Keller, Kernwählergruppen wie Schwarze, Latinos und junge Leute besonders enttäuscht und wahlabstinent, und dann gab er auch noch mit wenig bedachten Äußerungen eine Steilvorlage für die Republikaner, die den Urnengang zum Referendum über Obama erklärten, obwohl er gar nicht zur Wahl stand. Selbst eine wieder wachsende Wirtschaft ließ sich nicht in Stimmen ummünzen, weil viele davon zu wenig spüren und die »gefühlte Krise« auch mit Blick auf Terrorismus oder Ebola noch mehr Menschen ängstigt.
Ihre Wut auf Washington und den politischen Stillstand dort gilt aber nicht nur dem Präsidenten; dafür spricht auch die überaus schwache Wahlbeteiligung. Die Furcht vor einer totalen Blockade in der Hauptstadt ist groß und die Macht dazu hätten die Republikaner, nachdem nun der gesamte Kongress in ihrer Hand ist. Aber ihren klügeren Köpfen scheint zu dämmern, dass eine solche Politik nicht die beste Vorbereitung für die Wahlen 2016 ist, wenn es wirklich um das Weiße Haus geht.
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