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Schafen und Ziegen droht »blaue Zunge«

Tierseuche erstmals auch in Deutschland

  • Michaela von der Heydt
  • Lesedauer: 2 Min.
Viehzüchter bangen erneut um ihre Bestände. Eine für Schafe oft tödliche Tierseuche, die sogenannte Blauzungenkrankheit, ist erstmals auch in Deutschland ausgebrochen.
Die bisher nur in Südeuropa, Afrika und Asien auftretende Blauzungenkrankheit hat Westeuropa erreicht. Nach ersten Fällen in den Niederlanden und Belgien wurde gestern im deutschen Grenzgebiet im Kreis Düren und Aachen bei Schafen und Rindern in neun Betrieben der Verdacht auf die Tierseuche bestätigt, sagte ein Sprecher des Bundesagrarministeriums. Entsprechende Untersuchungen hatte das nationale Referenzlabor am Friedrich-Loeffler-Institut (FLI) auf der Insel Riems am Sonntag durchgeführt. Das BTV-Virus (Bluetongue-Virus mit 24 Serotypen) wird nach bisheriger Kenntnis nur durch die Colicoidis-Stechmücke übertragen - also nicht von Tier zu Tier. Dennoch ist die Infektionskrankheit nach EU-Recht meldepflichtig. Deshalb muss um betroffene Bauernhöfe im Umkreis von 150 Kilometern ein Sperrbezirk eingerichtet werden. Innerhalb dessen dürfen Tiere transportiert werden, nicht jedoch über seine Grenze hinweg, erklärte gestern FLI-Sprecherin Elke Reinking. Unklar ist den FLI-Forschern noch, warum die Krankheit sich nach Westeuropa ausgebreitet hat - ob die Stechmücke, die ein warmfeuchtes Klima braucht, wegen der Klimaveränderungen sich langsam weiter nach Norden bewegt, ob sie durch Reisende eingeschleppt wurde oder ob gar einheimische Mückensorten inzwischen Überträger sein können. Tierseuchenforscher und Politiker versuchen derzeit vor allem Verbraucher zu beruhigen. Bislang sei kein einziger Fall bekannt, dass BTV durch Stechmücken auf Menschen übertragen wurde, heißt es beim Bundesforschungsinstitut für Tiergesundheit. Auch der Genuss von Fleisch, Milch oder Milchprodukten stelle für Menschen keine Gefahr dar. Doch für Züchter von Wiederkäuern können die Folgen je nach Virustyp dramatisch sein. Zwischen 10 und 80 Prozent der erkrankten Tiere können sterben. Dabei sind Schafe deutlich empfindlicher als andere Wiederkäuer. Die Symptome ähneln denen der Maul- und Klauenseuche mit Fieber, entzündeten Schleimhäuten, Geschwüren an Klauen, Schaum vorm Maul und einer geschwollenen blauen Zunge. Rinder und Ziegen zeigen deutlich weniger Symptome, doch können sie bei einem Mückenstich Überträger sein. Der Deutsche Bauernverband (DBV) empfiehlt allen Landwirten in Sperrbezirken, ihre Tiere - soweit möglich - in Ställen unterzubringen. Doch gerade für die Wanderschäfer ist das ein Problem. Tritt die Seuche auf, bleibt den Landwirten zunächst nur, ihre Tiere mit Insektiziden zu besprühen und zu hoffen, dass sie überleben. Keulungen seien noch nicht geplant, sagte DBV-Sprecher Michael Lohse. Für betroffene Bauern ist es auf jeden Fall ein Verlust. Denn auch Entschädigungsprämen aus der Tierseuchenkasse, in die alle Landwirte einzahlen, deckten nur den reinen Fleischpreis ab, also weder Verdienstausfall, Zucht- oder Leistungswert, erklärt Lohse. Gestern Nachmittag begann die EU-Kommission, gemeinsam mit den Mitgliedstaaten weitere Maßnahmen zu beraten.

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