Ackerpreise ziehen an
BVVG erwirtschaftete ein Plus von gut einer halben Milliarde Euro
Die Preise für landwirtschaftliche Flächen im Osten kennen zur Zeit nur eine Richtung - nach oben. Deutliches Indiz dafür sind die Preise, die die Bodenverwertungs- und -verwaltungs GmbH (BVVG) beim Verkauf von ehemals volkseigenen Äckern erzielt. Am Freitag veröffentlichte die Treuhandnachfolgerin ihr Jahresergebnis für 2014. Dabei wurde deutlich: Das Geschäft mit Acker- und Waldflächen ist für den Bund hoch profitabel: 2014 führte die BVVG Überschüsse von insgesamt 507 Millionen Euro an den Staat ab.
Auch weil sich die Preise für Acker- und Grünland in den fünf ostdeutschen Flächenländern um mehr als zwölf Prozent erhöht hätten, wie BVVG-Geschäftsführer Stefan Schulz sagte. Der durchschnittliche Verkaufspreis für einen Hektar (ha) ostdeutschen Ackers betrug demnach 17 269 Euro. Im Jahre 2013 lag der Preis noch bei 15 411 Euro. In einem Jahr verteuerte sich der Hektar also um mehr als 1800 Euro.
Wobei die Preise zwischen den einzelnen Bundesländern stark variierten. Während man in Brandenburg mit seinen sandigen Böden auf durchschnittlich 13 730 Euro kam, mussten Interessenten in Sachsen-Anhalt im Mittel 23 361 Euro hinblättern, den lehmreichen Böden der Börde sei Dank. Doch der Preisauftrieb ist nicht den guten Böden geschuldet. Vielmehr drängen Spekulanten auf den Markt. In Zeiten sinkender Zinsen gelten Ackerflächen als solide und gewinnbringende Anlage. Auch wenn BVVG-Geschäftsführer Stefan Schulz unterstrich, dass man nur an landwirtschaftliche Unternehmen verkaufe, musste er einräumen, dass die undurchsichtige Eigentümerstruktur oft ein Problem sei. Sprich: Die BVVG weiß nicht immer, wer sich tatsächlich hinter den Käufergesellschaften verbirgt.
Fakt ist: Mit landwirtschaftlichen Erträgen lassen sich Hektarpreise von mehr als 17 000 Euro nicht erwirtschaften. Im Extremfall liegen sie sogar noch weit darüber. So listet die BVVG die Höchstgebote für Ackerland auf. In der Tabelle finden sich Gebote von über 30 000 Euro für einen Hektar. Im thüringischen Kyffhäuserkreis wurde dabei ein trauriger Rekord verzeichnet: Hier erhielt ein Bieter für über 37 500 Euro den Zuschlag - für einen Hektar Ackerland. Insgesamt veräußerte die bundeseigene Firma 2014 rund 33 700 ha.
Doch die BVVG verkauft nicht nur, sie verpachtet auch - insgesamt mehr als 184 000 Hektar. Bestandspächter zahlten im Durchschnitt 347 Euro pro Hektar, Neupächter 433 Euro.
Dabei verkauft und verpachtet die BVVG nicht nur zu Höchstpreisen. So haben Alteigentümer und deren Erben das Recht auf vergünstigten Erwerb von Ackerflächen. Alteigentümer, das sind Großgrundbesitzer, die während der Bodenreform 1945 enteignet wurden. Da von den Betroffenen aber kaum noch jemand lebt, dürfen sich auch deren Nachkommen um Ackerland bemühen. Selbst dann, wenn sie selbst nicht in der Landwirtschaft tätig sind. Für die BVVG bedeuten die Alteigentümer eine Menge Stress, wie Schulz am Freitag andeutete. So gestalteten sich die Fälle »zunehmend Komplex«, weil laut Gesetz auch Mehrfachübertragungen und Erbengemeinschaften berücksichtigt würden. So seien »selbst Verwandte vierten Grades anspruchsberechtigt«, sagte Schulz. Selbst Großnichten der alten Bauernleger dürfen sich über billiges Ackerland freuen. Die 70 000 ostdeutschen Bodenreformerben gingen hingegen leer aus.
Verbilligtes Ackerland, im Fachjargon spricht man von »Vergabe nach beschränkter Ausschreibung«, gab es auch für Junglandwirte. Allerdings ist der Kreis der Bedachten mit 34 sehr überschaubar. Zumal die entsprechende Regelung zum Jahresende ausgelaufen ist. Auch Ökobetriebe sowie Gemüsebauern durften billiger pachten und kaufen.
Die Länder Mecklenburg-Vorpommern und Brandenburg durften ihre Seen zum Schnäppchenpreis erwerben. Laut BVVG war der Hektar Seefläche schon für 1000 Euro zu haben.
Kommentar Seite 2
In der neuen App »nd.Digital« lesen Sie alle Ausgaben des »nd« ganz bequem online und offline. Die App ist frei von Werbung und ohne Tracking. Sie ist verfügbar für iOS (zum Download im Apple-Store), Android (zum Download im Google Play Store) und als Web-Version im Browser (zur Web-Version). Weitere Hinweise und FAQs auf dasnd.de/digital.
Das »nd« bleibt gefährdet
Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.
Vielen Dank!