SYRIZA und die Wahlen: Was man wissen muss - Teil III

Griechenland hat die Wahl. Troika-Spardiktat oder Linkspartei. FAQ zur Debatte über »Grexit«, Schuldenschnitt und das Programm von SYRIZA

  • Lesedauer: 4 Min.

Griechenland steht wieder im Fokus der Politik. Am 25. Januar wird dort ein neues Parlament gewählt. In Führung liegt derzeit das Linksbündnis SYRIZA. Was will SYRIZA? Welche Möglichkeiten gibt es für eine linke Politik? Droht wirklich ein »Grexit«, also ein Euro-Austritt Griechenlands? Und welche Strategie verfolgt die Bundesregierung? Und was bedeutet das Ganze für die deutsche Bevölkerung? (hier gehts zu Teil I und hier zu Teil II)

VII - Steht SYRIZA allein mit seiner Kritik an den Sparprogrammen?

Nein. Soziale und politische Bewegungen in ganz Europa kritisieren seit Langem die insbesondere von der deutschen Bundesregierung vorgegebene Strategie von »Sparsamkeit« und »Wettbewerbsfähigkeit«. Auch in den Vereinigten Staaten herrscht vielfach Verwunderung: Die Strategie der EU sei ökonomischer Irrsinn, sagte Anfang Januar der US-Wirtschaftsnobelpreisträger Joseph Stiglitz. Und der berühmte Ökonom und Nobelpreisträger Paul Krugman sagte vor der griechischen Wahl: »Es ist ja gar nicht so, dass Europa eine zwar harte, aber funktionierende Wirtschaftsstrategie hätte, die nur von griechischen Wählern bedroht wird. Tatsächlich ist Europa in einer Sackgasse. Wenn überhaupt, dann tun die Griechen Europa einen Gefallen, indem sie es wachrütteln.« Die Industrieländervereinigung OECD bezeichnete Europa als »das größte Risiko der Weltwirtschaft«.

VIII - Wie sieht das Programm von SYRIZA aus?

Das Programm von SYRIZA hat vier Punkte:

Bekämpfung der humanitären Krise im Land: 300.000 arme Haushalte werden gratis mit Strom versorgt, Bedürftige erhalten Nahrungsmittelhilfe. Zudem wird die grassierende Obdachlosigkeit bekämpft. Wohnungslose erhalten eine Staatshilfe von drei Euro je Quadratmeter und ziehen in die vielen leerstehenden Wohnungen ein. Rentner, die weniger als 700 Euro haben, erhalten künftig 13 Renten pro Jahr anstatt zwölf – vor den Sparprogrammen waren es 14.

Problem der privaten Überschuldung: Viele griechische Haushalte haben im Zuge von Krise und Sparprogrammen hohe Schulden angehäuft. Nach Plänen von Syriza soll der Schuldendienst der privaten Haushalte künftig nicht mehr als ein Drittel des Einkommens betragen. Alle Schulden, die darüber hinausgehen, werden eingefroren, bis der Haushalt seinen Schuldendienst wieder leisten kann. Die daraus resultierenden Verluste bei den kreditgebenden Banken will der Staat mit Mitteln aus dem Bankenstabilisierungsfonds kompensieren. Dieser Fonds verfügt über Geld, dass die EU Griechenland zur Stützung seiner Banken gegeben hatte. Hier sind noch rund zehn Milliarden Euro übrig.

Reorganisation des Staates: Darunter fallen Maßnahmen wie die Verminderung der Ministerien von 18 auf zehn oder die Bekämpfung der Korruption und Steuerhinterziehung. Dafür sieht sich Syriza gut gerüstet. Denn die in den vergangenen Jahren schwache Bekämpfung der Steuerhinterziehung ist vor allem den herrschenden Parteien geschuldet, die Griechenland schon seit Jahrzehnten regieren. Sie sind laut Syriza fester Bestandteil des Systems der Korruption und Vetternwirtschaft. Daher fehle der Wille, diese zu bekämpfen.

Wiederbelebung der Wirtschaft und Stärkung der Arbeitnehmerrechte: Der Rückgang der Löhne soll gestoppt werden, um die inländische Nachfrage zu erhöhen. Dafür wird der in der Krise gekürzte Mindestlohn wieder von 586 auf 750 Euro pro Monat erhöht. Zudem werden die Gewerkschaften und das System der Flächentarifverträge gestärkt. Um die Lohnkosten zu senken, hatte die amtierende Regierung die Lohnverhandlungen auf Unternehmensebene verlagert, um so die Arbeitnehmer erpressbarer zu machen. Syriza verweist jedoch darauf, dass trotz deutlich gesunkener Löhne die Exporte Griechenlands nicht gestiegen sind: Sie liegen derzeit acht Prozent niedriger als 2008. Statt auf niedrige Löhne setzt das Bündnis auf eine Steigerung der Produktivität der griechischen Unternehmen durch höhere Investitionen, bessere Gesetze, weniger Bürokratie und Korruption.

Wie will SYRIZA das Programm finanzieren?

Laut SYRIZA kostet das Programm im ersten Jahr zwölf Milliarden Euro. Drei Milliarden Euro sollen aus der Eintreibung von Steuerrückständen kommen, die auf 70 Milliarden Euro angestiegen sind, weitere drei Milliarden Euro aus der Bekämpfung von Steuerhinterziehung und Ölschmuggel – die aktuelle Regierung schätzt, dass dem Staat dadurch jährlich über zwölf Milliarden Euro entgehen. Weitere drei Milliarden Euro will Syriza aus dem EU-finanzierten Fonds für die Bankenstabilisierung nehmen und drei Milliarden aus EU-Struktur- und Investitionsfonds. Syriza braucht also die Unterstützung der EU.

Das FAQ wurde von der Linkspartei-nahen Rosa-Luxemburg-Stiftung erstellt und ist zuerst hier erschienen.

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