Landespolitiker warnen bei Auschwitz-Gedenken vor NS-Verharmlosung

Buchenwald-Komitee verurteilt AfD-Gedenkverfälschung ++ LKA-Spezialeinheiten 2014 häufiger angefordert ++ Rassistische Facebook-Einträge: Verdacht der Volksverhetzung bei Sügida-Drahtzieherin ++ Der Nachrichtenüberblick aus Thüringen

  • Lesedauer: 5 Min.

Update 17.20 Uhr:
Pegada-Gewalt soll Thema im Innenausschuss werden

Nach Rangeleien zwischen Anhängern der Pegada-Protestanten und Gegendemonstranten am Samstag in Erfurt soll sich nun der Innenausschuss des Landtags mit dem Vorfall beschäftigen. Die CDU-Fraktion teilte mit, sie habe einen entsprechenden Antrag gestellt. »Wir wollen uns ein Bild über den Verlauf der konkurrierenden Veranstaltungen und den Einsatz der Sicherheitskräfte verschaffen«, teilte der innenpolitische Sprecher Wolfgang Fiedler am Dienstag in Erfurt mit. Die Polizei hatte angegeben, etwa 1.000 Anhänger der »Patriotischen Europäer gegen die Amerikanisierung des Abendlandes« und 600 Gegner hätten sich am Samstagnachmittag am Hauptbahnhof gegenübergestanden.

Update 16.05 Uhr:
Landespolitiker warnen bei Auschwitz-Gedenken vor NS-Verharmlosung

Landtag und Landesregierung haben 70 Jahre nach der Befreiung des Vernichtungslagers Auschwitz vor einer Verharmlosung der Nazi-Verbrechen und neuen rassistischen Gefahren gewarnt. Auschwitz sei für alle Zeiten der Begriff für unvorstellbares Grauen und Unmenschlichkeit, sagte Landtagspräsident Christian Carius am Dienstag in Erfurt. Dass es Kräfte gebe, die dies relativierten, »erfüllt uns mit Scham«. Am 27. Januar 1945 hatten sowjetische Truppen Auschwitz befreit. Die Opfer des Nationalsozialismus hätten einen Anspruch darauf, »dass wir alle uns dieser Vergangenheit stellen«, sagte Carius. Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke) forderte als Konsequenz aus der NS-Vergangenheit ein Zusammenstehen der Demokraten im Kampf gegen Rassismus und Ausländerfeindlichkeit. Dass die Pegida-Demonstrationen der vergangenen Wochen die öffentliche Debatte über Integration und Zuwanderung mitbestimmt hätten, sei für die Überlebenden des NS-Terrors peinigend. Die Demonstrationen zeigten, wie anfällig Menschen für braune Parolen seien, sagte Ramelow. »Denn nicht alle, die in Suhl oder Dresden aufmarschieren, sind rechtsextrem.« Der KZ-Überlebende Pavel Kohn äußerte angesichts sich häufender Anschläge auf jüdische Einrichtungen seine Besorgnis auch über die Gefahren des Terrorismus. »Die Zeiten haben sich verschlechtert«, sagte Kohn, der als Kind von den Nazis zuerst ins KZ Theresienstadt und später nach Auschwitz verschleppt worden war. Im April 1945 erlebte er im Konzentrationslager Buchenwald das Eintreffen amerikanischer Truppen. In der KZ-Gedenkstätte bei Weimar legten Vertreter der Landespolitik und von Opferverbänden am Dienstag Kränze nieder. Etwa 200 Menschen beteiligten sich an dem Gedenken. Im Vorfeld hatte es Streit wegen der Inschrift auf dem Kranz der rechtskonservativen Alternative für Deutschland (AfD) gegeben, die ursprünglich auch die Opfer des sowjetischen Speziallagers nach 1945 erwähnen wollte. Der 27. Januar ist seit 1996 bundesweiter Tag des Gedenkens an die Opfer des Nationalsozialismus, seit 2005 wird er auch international als Holocaust-Gedenktag begangen.

Update 15 Uhr:
Tiefensee: Meisterbrief nicht infrage stellen

Thüringen will sich für den Erhalt des Meisterbriefs im Handwerk stark machen. Der Freistaat werde im Bundesrat gemeinsam mit den anderen Ländern darauf hinwirken, eine weitere Aufweichung der Meisterqualifikation zu verhindern, erklärte Wirtschaftsminister Wolfgang Tiefensee (SPD) am Dienstag nach einem Treffen mit der Spitze der Erfurter Handwerkskammer. Die EU-Kommission überprüft derzeit bestehende Berufsreglementierungen in den Mitgliedsstaaten. In Deutschland sind davon 41 Handwerksberufe betroffen. Daher gibt es Befürchtungen, dass der Meisterbrief als Voraussetzung für Existenzgründung und Berufsausübung infrage gestellt werden könnte. Der Meisterbrief sei ein Garant für die international geschätzte hohe Ausbildungsqualität in Deutschland, betonte Tiefensee.

Update 13.20 Uhr:
LKA-Spezialeinheiten 2014 häufiger angefordert

Die Spezialeinheiten des Thüringer Landeskriminalamts (LKA) sind im vergangen Jahr öfter im Einsatz gewesen. 2014 wurden das Spezialeinsatzkommando (SEK), das Mobile Einsatzkommando (MEK) und die operativ-technische Einsatzgruppe (OTEG) zu 162 Fällen hinzugerufen, wie das Innenministerium am Dienstag in Erfurt mitteilte. Damit seien die Spezialkräfte im Vergleich zum Jahr zuvor 14 Mal häufiger angefordert worden. Allein das SEK hatte 2014 den Angaben zufolge 70 Einsätze zu meistern - nach 52 im Jahr 2013. Die Spezialeinheiten werden unter anderem zu Festnahmen, Observationen oder besonderen Lagen wie Geiselnahmen hinzugezogen.

Update 8 Uhr:
Verdacht der Volksverhetzung bei Sügida-Drahtzieherin

Laut einem Zeitungsbericht besteht wegen rassistischer Facebook-Kommentar der Initiatorin der rechten Sügida-Demonstrationen in Suhl ein Anfangsverdacht wegen Volksverhetzung. Die Kriminalpolizei untersuchte die entsprechenden Einträge, schreibt die »Thüringer Allgemeine«. Auf Grund von verschiedenen Äußerungen im Internet bestehe der Anfangsverdacht auf Volksverhetzung, wird ein Sprecher der Staatsanwaltschaft zitiert. Die Linkenpolitikerin Katharina König hatte die Untersuchung mit einer Strafanzeige ins Rollen gebracht. Die Sügida-Drahtzieherin solle unter anderem über Migranten geäußert haben, diese seien » ... faul, dumm, frech ... dreck! alle mitsamt der Gebärmaschinen übern Haufen geknallt«. Auch an anderer Stelle sei zum Mord an Flüchtlingen aufgerufen worden.

Update 7.30 Uhr:
Buchenwald-Komitee verurteilt AfD-Gedenkverfälschung

Das Internationale Komitee Buchenwald-Dora und Kommandos hat die Versuche der Thüringer Rechtspartei AfD, anlässlich der Kranzniederlegung in der Gedenkstätte Buchenwald am Internationalen Gedenktag für die Opfer des Nationalsozialismus »das Andenken an die Opfer der unterschiedlichen Diktaturen zu banalisieren und die Gedenkfeier für die Opfer des Nationalsozialismus am 27. Januar zu verfälschen« mit Nachdruck verurteilt. Man erinnere daran, »dass es das Ziel dieser Gedenkfeier ist, der Opfer des Nationalsozialismus aus ganz Europa international zu gedenken«. Die von Bertrand Herz, ehemaliger Häftling des Konzentrationslagers Buchenwald und Präsidenten des Internationalen Buchenwald-Komitees, unterzeichnete Erklärung kritisierte die Versuche der AfD, »den Charakter der Gedenkfeier vom 27. Januar 2015 zu verändern«.

Update 7 Uhr:
DGB für Finanzierung des Azubi-Tickets durch die Kammern

In der Debatte um ein Thüringer Azubi-Ticket sieht der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) bei dessen Finanzierung vor allem die Wirtschaft in der Pflicht. Um einzelne Unternehmen aber nicht unnötig zu belasten, solle das Geld aus den Zwangsbeiträgen kommen, die sie an die Industrie- und Handelskammern oder die Handwerkskammern abführen müssen, sagte der stellvertretende DGB-Vorsitzende im Bezirk Hessen-Thüringen, Sandro Witt, der Deutschen Presse-Agentur. Es sei ohne weiteres möglich, die Kammern als staatliche Körperschaften zu verpflichten, auf diese Weise einen Beitrag für eine bessere Ausbildungsqualität im Freistaat zu leisten. nd/Agenturen

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