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Prügeln mit Würde

Papst befürwortet in bestimmten Rahmen Gewalt gegen Kinder

  • Lesedauer: 3 Min.
»Er muss bestrafen, er macht es aber gerecht und geht dann weiter.« Mit seiner Befürwortung von Gewalt an Kindern hat Papst Franziskus eine Kontroverse ausgelöst. Eine Welle der Empörung schlägt ihm nun entgegen.

Update 15.45 Uhr: Berlin. Der Deutsche Kinderschutzbund hat Äußerungen von Papst Franziskus zu Gewalt in der Kindererziehung als »inakzeptabel« verurteilt. Bundesgeschäftsführerin Paula Honkanen-Schoberth nannte es am Freitag in Berlin in einem Gespräch mit dem Evangelischen Pressedienst (epd) »sehr, sehr schade«, dass das Oberhaupt der katholischen Kirche das Schlagen von Kindern als Strafe offenbar erlaube.

»Für uns im Kinderschutzbund ist ganz eindeutig, dass jegliches Schlagen die Würde des Kindes verletzt und das Kind demütigt«, sagte Honkanen-Schoberth und fügte mit Blick auf Papst Franziskus hinzu: »Das war keine gute Aussage.«

Die Kinderschutzbund-Bundesgeschäftsführerin verwies auf Artikel 1631 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB). Dort sei seit dem Jahr 2000 klar geregelt, dass Kinder ein Recht auf gewaltfreie Erziehung hätten. Festgelegt sei, dass körperliche Bestrafungen, seelische Verletzungen und andere entwürdigende Maßnahmen unzulässig seien. Das ergebe sich auch aus der UN-Kinderrechtskonvention und dem Grundgesetz, wo es heißt, dass die Würde des Menschen unantastbar ist, ergänzte sie.

Seit der Ächtung der körperlichen Bestrafung im Jahr 2000 habe sich das Bewusstsein deutlich geändert, sagte Honkanen-Schoberth weiter. Über 90 Prozent der Eltern sähen heute das Schlagen von Kindern nicht mehr als akzeptables Erziehungsmittel an. Sie fürchte, dass das sich entwickelnde Bewusstsein nun wieder untergraben werde. Dies gelte gerade auch mit Blick auf Länder in Lateinamerika, wo der Katholizismus eine starke Stellung hat. »Ich wünschte mir vom Papst eine ganz klare Positionierung gegen körperliche Bestrafungen«, sagte die Bundesgeschäftsführerin.

Papst befürwortet Gwlt gegen Kinder

Rom. Ist das Schlagen von Kindern unter gewissen Umständen in Ordnung? Papst Franziskus hat mit einer kontroversen Aussage darüber für Aufsehen gesorgt. »Einmal habe ich einen Vater bei einem Treffen mit verheirateten Paaren sagen gehört, 'ich muss meine Kinder manchmal ein bisschen hauen, aber nie ins Gesicht, um sie nicht zu erniedrigen' «, sagte Papst Franziskus am Mittwoch bei seiner Generalaudienz, die die Rolle des Vaters zum Thema hatte. »Wie schön«, fuhr der Papst fort. »Er kennt den Sinn der Würde, er muss bestrafen, er macht es aber gerecht und geht dann weiter.«

Bei der Audienz betonte Franziskus, wie wichtig ein präsenter Vater bei der Kindererziehung sei. Ein guter Vater sei geduldig und könne vergeben. Zu viel Kontrolle bedeute, »die Kinder nicht wachsen zu lassen«.

Der Vatikan äußerte sich am Freitagvormittag zunächst nicht zu der kontroversen Aussage. Eine Sprecherin der Deutschen Bischofskonferenz erklärte: »Wir kommentieren den Papst nicht.«

Auf Twitter ist unterdessen ein Shitstorm gegen den Papst entbrannt: Unter dem Hashtag #prügelpapst werden empörte Nachrichten über die päpstlichen Aussagen veröffentlicht. So schreibt beispielsweise der Twitter-Nutzer rakete: »Kinder einig: Der Hashtag #prügelpapst steht auch für den Fortschritt der Kirche. Verbrennung gilt inzwischen als nicht mehr zeitgemäß.«

In Deutschland ist der »würdevolle« Klaps rechtlich verboten, schon eine Ohrfeige oder ein Schlag auf den Hintern gilt als Körperverletzung und führt zu einer Strafe, wenn die Staatsanwaltschaft das Kindeswohl gefährdet sieht.

Der Vatikan hingegen hat bis heute die UN-Kinderrechtskonvention nicht unterzeichnet. Der Vatikan argumentierte in der Vergangenheit immer damit, dass sie die Prügelstrafe ablehnen würden, doch habe man keine rechtliche Handhabe ein Verbot umzusetzen.

Erst letztes Jahr stand der Vatikan wegen Verstößen gegen das Kinderrecht im Mittelpunkt eines Ausschusses der Vereinten Nationen. Dort warf man dem Vatikan vor, nicht genug Engagement zur Aufklärung der Kindesmissbräuche in der Kirche aufzubringen. Die Vereinigten Nationen forderten damals die Kirche auf sich von ihren Priestern ,die unter Verdacht stehen oder überführt wurden sofort zu trennen. Der Ausschuss warf dem Vatikan vor die Täter zu schützen und das Thema nicht in einer angemessenen Art und Weise anzugehen. Agenturen/nd

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