Pegida wird nach Spaltung rechtsradikaler

2000 Teilnehmer an der Dresdner Frauenkirche / Bachmann als Sprecher zurück / Neurechte Ikone als Redner

  • Hendrik Lasch
  • Lesedauer: 4 Min.

Scharfe Töne gegen den Islam, Hetze gegen Politiker, offener Anti-Amerikanismus: Der Ton bei »Pegida« in Dresden scheint sich nach der Spaltung zu verschärfen. Auf einer Kundgebung vor der Frauenkirche wurde die SPD als »Scharia-Partei Deutschlands« gegeißelt, der Rathauschef von Leipzig als »Volksverräter« beschimpft, und die Feststellung einer Rednerin, der Islam gehöre nicht zu Deutschland, stieß auf tosenden Applaus. Auf einem Plakat war zu lesen: »Islam – Selbstmord für Europa«. Zu sehen war eine junge Frau, die sich eine Kugel durch den Kopf jagt.

Die drastischen Äußerungen stehen im Widerspruch zur Feststellung von Pegida-Sprecher Lutz Bachmann. Dieser hatte eingangs beteuert, es werde »keinen Rechtsruck geben«; die Bewegung werde an einem 19-Punkte-Programm festhalten, für das schon vor der Spaltung geworben worden war. Zwischenzeitlich war die Initiative aber zerbrochen; ein Grund dafür war Streit um die Person Bachmanns. Dieser war zurückgetreten, nachdem ein Foto aufgetaucht war, das ihn mit Hitlerbart zeigt; zudem waren üble Ausfälle gegen Zuwanderer (»Viehzeug«) in sozialen Netzwerken bekannt geworden. Bachmann sagte dazu nur, er habe »Worte benutzt, wie sie jeder von uns am Stammtisch benutzt«. Darüber hinaus ginge er bei der Kundgebung auf die Hintergründe der Spaltung nicht ein.

Offenkundig ist, dass der radikale Kurs der »Patriotischen Europäer gegen die Islamisierung des Abendlandes« mehr Zuspruch findet als der des weichgespülteren Ablegers »Direkte Demokratie für Europa«. Deren Kundgebung am gleichen Ort, die von Ex-Pegida-Sprecherin Kathrin Oertel angeführt worden war, hatten am Sonntag nach Polizeiangaben rund 700 Menschen besucht; die Zahl der Pegida-Anhänger einen Tag später wurde auf 2000 geschätzt. Zu sehen waren neben zahlreichen schwarz-rot-goldenen Flaggen auch Fahnen aus Thüringen, Brandenburg und Berlin. Zu Hochzeiten um den Jahreswechsel waren bis zu 25.000 Menschen zu den Spaziergängen gekommen, die jeweils montags stattfanden und kommende Woche wieder aufgenommen werden sollen.

Der schärfere Kurs wurde vor allem in den Redebeiträgen des Abends deutlich. Die ehemalige AfD-Politikerin Tatjana Festerling aus Hamburg ließ sich über »pöbelnde Apparatschiks in den Parlamenten« ebenso aus wie über die Antifa als »neue Herrenmenschen«. Den Versuch einer Integration von Zuwanderern mit muslimischen Wurzeln bezeichnete sie als »völligen Stuss«. Festerling hatte für Wirbel in ihrer Partei gesorgt, als sie sich nach der gewalttätigen Demonstration der »Hooligans gegen Salafisten« (Hogesa) in Köln im Oktober in einem Internetartikel lobend über die Hooligans geäußert hatte. Die AfD prüfte danach einen Ausschluss. Festerling erklärte jetzt, sie sei inzwischen ausgetreten. Bei ihrer Rede erntete sie nur einmal Widerspruch – und zwar, als sie die Zahl der Dresdner Bombenopfer vom 13. Februar 1945 historisch korrekt auf 25.000 bezifferte. Viele der Zuhörer protestierten. In rechtsextremen Kreisen kursieren deutlich höhere Zahlen.

Seinen ersten Dresdner Rednerauftritt hatte zudem Götz Kubitschek. Der Verleger und Publizist wurde von der »Zeit« einmal als »wichtigste lebende Ikone der Neuen Rechten« bezeichnet. Vor drei Jahren veröffentlichte er ein Buch mit dem Titel »Deutsche Opfer, fremde Täter – Ausländergewalt in Deutschland«. In Dresden zog er eine scharfe Trennlinie zwischen Deutschen und Menschen anderer kultureller Herkunft und verurteilte einen angeblichen nationalen Selbsthass der Linken: »Die Verachtung des Eigenen muss ein Ende haben«, sagte er und fügte unter starkem Applaus hinzu: »Wir sind bereit, unser Eigenes zu verteidigen.«

Kubitschek, der auf einem Rittergut im Süden von Sachsen-Anhalt lebt und zuvor zweimal bei Veranstaltungen von Legida in Leipzig gesprochen hatte, ging auch auf das dort für den Montag von der Stadtverwaltung verhängte Demonstrationsverbot ein, das mit einem Mangel an Polizeibeamten begründet worden war. »Linke Schlägertrupps haben den polizeilichen Notstand herbeigeprügelt«, sagte Kubitschek und fügte hinzu: »Die Politik hat sich dem linken Straßenterror ergeben.« In der Messestadt hatten wiederholt Zehntausende gegen Legida demonstriert. In Dresden gab es diesmal einige hundert Gegendemonstranten. Allerdings wurde Protest gegen Pegida auch in anderer Form geäußert: Der Pfarrer der Frauenkirche ließ während der Dauer der Kundgebung das Licht in und an dem bekannten und weithin sichtbaren Bauwerk ausschalten.

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