Milliarden am Fiskus vorbeigeschleust

PriceWaterhouseCoopers bestreitet Unterstützung für steuerflüchtige Konzerne

  • Christian Bunke, London
  • Lesedauer: 3 Min.
Die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft PWC soll ihren Kunden bei der Steuerhinterziehung in Luxemburg geholfen haben. Das zeigt ein Bericht der britischen Regierung.

»Ich habe gar nichts gemacht.« So lässt sich die Reaktion des Konzerns PriceWaterhouseCoopers (PWC) auf Vorwürfe der Ermöglichung von Steuerhinterziehung im großen Stil zusammenfassen. »Wir haben nur unseren internen Verhaltenskodex implementiert«, wird Kevin Nicholson, der Chef für Steuerfragen des britischen PWC-Ablegers in einem vor kurzem erschienenen Bericht des Komitees für öffentliche Finanzen des britischen Unterhauses zitiert.

Dieser Kodex ist merkwürdig. Er existiert seit 2005 und gibt drei Bedingungen vor, die erfüllt sein müssen bevor PWC eine andere Firma in Steuerfragen berät. Dessen erste Bedingung ist, »dass unterliegende Geschäftsarrangements auch andere kommerzielle Zwecke als Steuervermeidung haben«. Doch, so schreiben die Parlamentarier in ihrem Bericht, »muss nur eine der Vorbedingungen erfüllt sein, um dem Verhaltenskodex zu genügen«. Leute oder Firmen, die gegen den Kodex verstoßen, haben laut Nicholson nichts zu befürchten: »Wir reden mit ihnen und versuchen sicherzustellen, dass es nicht noch einmal passiert.«

Die Parlamentarier haben viel Zeit mit PWC verbracht. Noch Anfang 2013 beteuerte die Firma dem Komitee gegenüber: »Wir verkaufen keine Steuerprodukte für den Massenmarkt, wir produzieren keine Steuerprodukte.« Doch dann kamen die so genannten Luxemburg Leaks. Die vom International Consortium of Investigative Journalists (ICIJ) im November 2014 veröffentlichten Dokumente zeigen, dass PWC zwischen 2002 und 2010 rund 343 multinationale Konzerne mit Steuerprodukten versorgte. Zu den Kunden zählen der Versandhändler Amazon, der Möbelkonzern Ikea, die Luxus-Modemarke Burberry, das Getränkeunternehmen Coca-Cola und die Mobilfunkgesellschaft Vodafone. Mindestens 80 der betroffenen Firmen haben ihre Zentralen in Großbritannien.

PWC half diesen Konzernen demnach, Geschäftsstellen in Luxemburg zu gründen. An diese wurden dann innerhalb des Unternehmens Gelder in Form von Darlehen und Krediten verschoben. Die so in Luxemburg ankommenden Einnahmen mussten fast überhaupt nicht versteuert werden. Da die vom ICIJ geleakten Papiere allesamt das PWC Logo hatten, wollten die Parlamentarier die Firma dazu befragen. Doch diese stellte sich quer. Im Bericht schreibt das Komitee: »Wir waren über die mangelnde Hilfsbereitschaft von PWC frustriert.«

Die Schlussfolgerung des ICIJ: »Die Steuerberatungsbranche hat sehr deutlich demonstriert, dass man ihr keine Selbstregulierung zutrauen kann. [...] Wir sind sehr stark der Meinung, dass die Regierung einen Verhaltenskodex und Methoden zur Durchsetzung eines solchen Kodexes einschließlich finanzieller Sanktionen bei Missachtung entwickeln muss.«

Das Komitee fordert auch mehr Aktivismus von der britischen Steuerbehörde HMRC. Diese solle »den Ratschlägen der Steuerberaterfirmen energischer entgegentreten«. Doch spätestens hier stoßen die Ratschläge des Komitees auf die Grenzen britischer Realpolitik. Denn die Handlungsspielräume dieser Behörde wurden in den letzten Jahren systematisch eingeschränkt.

Darauf weist die Gewerkschaft für Staatsangestellte (PCS) hin, die rund 50 000 Beschäftigte in der Steuerbehörde vertritt. Laut PCSs Angaben hatte die HMRC 2005 noch 92 000 Mitarbeiter - jetzt sind es nur noch 62 000. Bis 2016 soll ihre Zahl auf 52 000 schrumpfen. Das ist ein Stellenverlust von 43 Prozent innerhalb eines Jahrzehnts.

Als Ergebnis dieses Kahlschlags kommt die HMRC mit der Verfolgung von Steuersündern nicht mehr nach. Die Folgen sind für die Staatskasse verheerend. In den Jahren 2013 und 2014 gingen dem britischen Fiskus fast 120 Milliarden Pfund Einnahmen verloren, wie in einer aktuell von der PCS herausgegebenen Studie nachzulesen ist.

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