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Schon ein Facebook-Auftritt scheint zum Problem zu werden

Beratung in Köln über mögliche Vernetzungen von Griechenland-Unterstützern

  • Marcus Meier, Köln
  • Lesedauer: 3 Min.
In Köln trafen sich 60 linke Aktivisten, um über eine deutsche Solidaritätsbewegung für SYRIZA zu debattieren. Fazit: Massendemonstrationen in Deutschland sind eher nicht zu erwarten.

Werden die milliardenschweren Reeder endlich besteuert? Wurde die Privatisierung des Hafens Piräus wirklich nachhaltig gestoppt - und endlich das alternative Umweltgutachten für eine ökofrevlerische Goldmine vorgelegt? Warum ist die NATO »kein großes Thema« für SYRIZA? Giorgos Chandros vom Vorstand der linken Partei stellte sich geduldig den Fragen der deutschen Linken, die sich am Wochenende in Köln zu einem sogenannten Vernetzungstreffen von Griechenland-Soligruppen trafen.

Chandros bat um Nachsicht: Die neue griechische Regierung sei doch erst seit drei Wochen im Amt, habe erst begonnen, ihr Saloniki-Programm umzusetzen. Auch SYRIZA sei »nicht glücklich« mit den Zwängen, denen sie als Regierungspartei ausgesetzt ist. »Wir sind unter Wasser, und zwar ohne Strohhalm«, betonte Chandros. Er forderte eine europaweite Debatte um die Entschuldung Griechenlands unter dem Motto »Weg mit der Sparpolitik«.

Es war das Wochenende, an dem sich Ministerpräsident Alexis Tsipras und der deutsche Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) jeweils als Verhandlungssieger feiern. Ist SYRIZA eingeknickt? Die Meinungen in Köln gingen auseinander. Ein Trotzkist beschimpfte die neue Regierung gar als bürgerlich und reaktionär. Was SYRIZAs Koalitionspartner ANEL betrifft, reichte das Spektrum der Meinungen von totaler Ablehnung bis hin zur Meinung, ANEL sei allenfalls ein klein wenig populistisch, nicht aber rassistisch oder antisemitisch.

»Wir brauchen sofortige europaweite Aktionen, schließlich finden jeden Tag neue Verhandlungen statt«, forderte SYRIZA-Mann Chandros. Doch letztlich sei eine Änderung der Kräfteverhältnisse notwendig. Der 56-jährige Völkerkundler erwartet viel von den deutschen Genossinnen und Genossen. »Gerade in Deutschland muss die politische Linke stärker werden.« Er sei optimistisch: »Unser Wahlsieg hat neue Maßstäbe gesetzt und gibt der Linken in Europa Rückenwind.«

Chandros' Mitstreiter haben gerade erst angefangen, sich zu vernetzen. Seit November existiert ein mit Griechenland solidarisches Netzwerk. In Köln debattierte man über die Etablierung einer Mailingliste. Man sprach über eine nach Feierabend gepflegte Webseite. Und einen denkbaren Facebook-Account, »wenn das denn realistisch ist«. Zugleich träumte man von großen Konzerten und Kongressen mit Promis wie dem Regierungschef Tsipras, dem Philosophen Jürgen Habermas oder dem linken Barden Konstantin Wecker. »Damit die Medien den Kongress nicht ignorieren können«, wie einer unter Applaus anmerkte. Man wolle »Gegenöffentlichkeit« schaffen - die Menschen in Deutschland sollten verstehen, wie die griechischen Schulden zustande kamen und wie katastrophal die soziale Lage in Griechenland ist. Das Thema »Kongress« wurde vertagt - und eine Arbeitsgruppe etabliert.

Bisher garen die Griechenland-Freunde in Deutschland vor allem im eigenen Saft. Es existiert ein halbes Dutzend Soli-Gruppen. Nach Köln gekommen sind zumeist ältere Semester, viele Trotzkisten, Occupy-Aktivisten, undogmatische Linke. Für die Linkspartei vor Ort sind drei nordrhein-westfälische Landesvorstände und die Bundestagsabgeordnete Annette Groth erschienen.

Konkrete Aktionen wurden nur wenige beschlossen: Soligruppen wollen spezifische Inhalte in die Blockupy-Demonstration zur Eröffnung des neuen EZB-Gebäudes in Frankfurt tragen und auf die Kundgebungen des DGB am 1. Mai einwirken, möglicherweise mit einer eigenen Verteilzeitung. Grundsätzlich will man sich europaweit vernetzen. So wie man es seit Jahren versucht.

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