Schulschließung wegen schwerer Erkrankung

Leiter der Carl-Zeiss-Sekundarschule im Berliner Bezirk Tempelhof-Schöneberg stellt am Montag übereilt den Schulbetrieb ein

  • Clemens Mieth
  • Lesedauer: 3 Min.
Der Masernausbruch in der Hauptstadt führte am Montag zur ersten Schulschließung. Dafür war wohl auch eine gescheiterte Kommunikation mitverantwortlich.

Die Carl-Zeiss-Sekundarschule in Lichtenrade blieb am Montag komplett geschlossen. Eine schwere Masernerkrankung bei einem Schüler machte diesen Schritt notwendig. Nach Aussagen der Pressestelle der Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Wissenschaft habe der Schulleiter das zuständige Gesundheitsamt am vergangenen Freitag nicht mehr erreicht und deshalb nach eigenem Ermessen die Schule wegen der grassierenden Infektionskrankheit geschlossen.

Die Stadträtin für Gesundheit und Soziales des Bezirks Tempelhof-Schöneberg, Sibyll Klotz (Grüne), schildert den Verlauf allerdings in einer anderen Variante: Freitags gegen halb zwei hätten die Eltern des bereits sich im Krankenhaus befindlichen Kindes das Gesundheitsamt über die schwerwiegende Masernerkrankung informiert, sagt Klotz. Dieses versuchte gegen 14 Uhr die Schulleitung zu erreichen, welche aber nur durch das Sekretariat vertreten war.

Aufgrund der unglücklich verlaufenen Kommunikation und fehlenden Informationen entschloss sich die Schulleitung, am Montag vorübergehend den Schulbetrieb einzustellen. Somit blieb die Schule für die 1025 Schüler an diesem Tag geschlossen.

Am Montag wurde nun nach erfolgreicher Abstimmung mit dem Gesundheitsamt das weitere Vorgehen geplant. So wird der reguläre Schulbetrieb zunächst an diesem Dienstag wieder aufgenommen. Allerdings müssen alle Personen, die mit dem erkrankten Kind in direktem Kontakt standen, ihr Impfbuch vorweisen. Dies betrifft laut Auskunft der Pressestelle 45 Schüler und fünf Lehrende bzw. Kollegen.

Erfreulicherweise war die Inkubationszeit der Masernerkrankung dem Gesundheitsamt bekannt, so dass nun das weitere Vorgehen abgesprochen kann. So soll herausgefunden werden, ob eine Ansteckungsgefahr oder bereits Verbreitung der Masern erfolgte. Je nach Ergebnis wird dann ein weiteres Vorgehen mit dem Gesundheitsamt abgestimmt und entschieden, ob und inwiefern eine weitere Gefährdung für die Schüler und Lehrenden vorliegt oder nicht. Denn nach den Richtlinien der Senatsgesundheitsverwaltung müssen Schüler und Pädagogen, die keine Impfung aufweisen, während der bis zu dreiwöchigen Inkubationszeit der Schule fernbleiben. Diese sogenannte Sicherheitsfrist gilt in Berlin generell für alle Schulen, an denen ein Masernfall auftritt.

»Merkwürdig sei, warum die Notfallpläne, die den Schulen ja bekannt sind, nicht eingehalten wurden, dies müssen wir herausfinden«, sagt Klotz. Auch müsse weiter über die Gefahren der Erkrankung informiert werden. Klotz sprach sich ebenso für eine Zuzugsuntersuchung innerhalb des Schulgesetzes aus, wie dies bereits für die Einschulungsuntersuchung der Fall ist.

Bereits vor den Winterferien kam es aufgrund von Masernerkrankungen an der Grundschule am Ritterfeld in Kladow und am Leibniz-Gymnasium in Kreuzberg zu Unterrichtsausfällen. Hier erkrankten ebenfalls Schüler an Masern, worauf der Unterricht an den Schulen ausfallen musste.

Nicht alle Berliner Schulanfänger sind zudem laut Robert-Koch-Institut gegen Masern geimpft. Nur 91 Prozent haben die zweite Masernimpfung erhalten, welche erst einen beinahe 100-prozentigen Schutz gegen die Krankheit bietet. Um die Masern auszurotten, gelten 95 Prozent bei der zweiten Impfung als notwendig. Der bundesweite Durchschnitt liegt bei 92,4 Prozent.

Auch belegt Berlin insgesamt einen schlechten Rang in der Masernstatistik: Für 2011 und 2012 erkrankten nur in Baden-Württemberg und in Bayern mehr Menschen pro eine Million Einwohner an Masern als in Berlin, seit 2013 nimmt die Stadt den ersten Platz bei Masernerkrankungen ein.

Die Masernwelle in Berlin grassiert seit Oktober 2014. Seit Ausbruchsbeginn bis zum 23. Februar dieses Jahres sind insgesamt in der Hauptstadt 574 Masernfälle gemeldet worden, allein 70 Fälle waren es in der vergangenen Woche.

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