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Zwei + Zwei = Zwei

Volkstheater Rostock

  • Thomas Blum
  • Lesedauer: 3 Min.

Bereits die Mixtur aus Funktionärs- und Technokratensprache zeigte an, wohin die Reise geht: »Kooperationsmodell«, »Reformbedarf«, »Zukunftssicherheit«, »Leistungsaustausch«, »strukturelle Änderungen«, »Neustrukturierung«, »funktionelles Haus in 2+2-Struktur«. Es ist die Sprache der Kulturabbaubürokratie. So reden nur Finanzbürokraten und Politbetriebsangestellte daher, Leute, die verschleiern wollen, dass man eine Sache, die vorher erträglich war, schlechter gemacht hat, um Geld einzusparen. Und natürlich geht es immer um das Geld, nie um die Kunst. Das war nie anders. Die mecklenburg-vorpommersche Landespolitik, allen voran der Kulturminister Mathias Brodkorb (SPD), und einige Stadtpolitiker im Rostocker Rathaus mühen sich bereits seit Jahren, das Volkstheater Rostock finanziell auszuhungern und zu zerstören.

Die Rostocker Bürgerschaft hat am Mittwoch, nach jahrelangem Gerangel um Einsparungen, über die Zukunft des renommierten Volkstheaters Rostock entschieden. Der von CDU, SPD und Grünen eingebrachte Antrag zur Schließung der Sparten Musiktheater und Tanz, das sogenannte »2+2-Modell«, wurde mit 26 zu 21 Stimmen befürwortet.

Der Intendant Sewan Latchinian warf den Politikern schon Wochen zuvor ein »sehr kulturfernes Klima« vor und sagte, als auch die Bevölkerung für den Erhalt der Bühne als Vier-Sparten-Haus demonstrierte, der »Schweriner Volkszeitung«: »Es ist gar kein Strukturwandel nötig. Man muss die vorhandene Struktur, so wie das Volkstheater jetzt aufgestellt ist, nur besser ausreizen. Der Anfang ist gemacht.«

Doch Mathias Brodkorb hat seinen Willen bekommen. Schauspiel und Konzertbetrieb sollen erhalten bleiben, Oper und Tanztheater sollen »mit anderen Bühnen kooperieren«, sprich: langfristig abgewickelt werden. Faktisch dürften Mittelkürzungen und die Schließung der letztgenannten beiden Sparten eine ausgemachte Sache sein. Zu erwarten ist, dass es in den nächsten Jahren zu einem enormen Stellenabbau kommt, so dass eigene Tanz- und Opernproduktionen des Rostocker Hauses künftig nicht mehr entstehen können. Betriebsbedingte Kündigungen seien möglich, wenn die betroffenen Mitarbeiter alternative Angebote ablehnen, hieß es von Seiten der Abwickler.

Stefan Rosinski, kaufmännischer Geschäftsführer des Theaters, betonte, dass das nun beschlossene Konzept von CDU, SPD und Grünen, das im Grunde das alte Kürzungskonzept ist, »in keiner Weise geeignet« sei, die Bühne »zukunftssicher« zu machen. Vielmehr sei das Gegenteil der Fall. Schon in der Bürgerschaftssitzung machte er darauf aufmerksam, dass die Pläne der Politiker neben den zu erwartenden kulturellen Konsequenzen auch enorme »betriebswirtschaftliche Risiken« bergen. »81 Stellen« würden wegfallen, sagt Rosinski. »Ein Personalabbau bis 2020 in der Größenordnung von 2,5 Millionen Euro ist zwingend, sonst würden wir es mit einer erheblichen Finanzlücke zu tun bekommen.« Und, so Rosinski weiter: »Was ist, wenn der Abbau nicht gelingt, wer trägt das Risiko? In erster Linie doch die Hansestadt Rostock.« Im Übrigen sei auch das infolge des Wegfalls zweier Sparten »entstehende Konstrukt eines ›Schauspiels mit angehängtem Orchester‹« ökonomisch nicht überlebensfähig, rechnete er vor.

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