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Väterpreise und Zukunftsträume

Die Suche nach dem Sinn hinter Auszeichnungen für Männer, die sich um ihre Familie kümmern.

  • Sarah Liebigt
  • Lesedauer: 2 Min.

»Zur Stärkung der Leistungsgesellschaft werden qualifizierte Frauen und Männer sowie Kinder benötigt. Voraussetzung der Vereinbarkeit von Elternschaft und Erwerbstätigkeit ist das praktizierte partnerschaftliche Ehe- und Familienmodell.« Mit diesen Worten begründet die Initiatorin den »Spitzenpreis für Spitzenväter«. Ulrike Detmers, Gesellschafterin und Mitglied der Unternehmensleitung der Großbäckerei Mestemacher hat zuletzt zum Frauenkampftag 2014 Preisgelder in Höhe von 12 500 Euro an drei Männer verteilt. Schirmherrin war Kristina Schröder, die Ex-Familien- und Frauenministerin. Drei »Spitzenväter« werden dafür belohnt, dass sie sich um ihren eigenen Nachwuchs kümmern - d.h. »die psychosoziale Entwicklung ihres Kindes fördern« -, ein bisschen kochen, ein bisschen Wäsche waschen, ein bisschen Kindertränen trocknen, ein bisschen Hausaufgabenhilfe geben, ein bisschen Gutenacht-Geschichten vorlesen ...

In Berlin wird ein Preis verliehen, der sich den Bäckerpreis zwar zum Vorbild nimmt, aber ein Stück weiterdenkt. Den »KienBär« im Bezirk Marzahn-Hellersdorf können nicht nur Väter bekommen, sondern beispielsweise der Mann, der sich im Verein für Kinder und Jugendliche engagiert. Infrage kommt ein alleinerziehender Vater genauso wie der Opa, der sich besonders um seine Enkel kümmert, oder ein bei den Kindern besonders beliebter Kita-Erzieher. Es könnte aber auch ein Unternehmer sein, der Mitarbeiter unterstützt, Beruf und Familie in Einklang zu bringen. Christoph Mönnikes wurde 2013 von der Mestermacher-Gruppe zum »Spitzenvater« gekürt. Mönnikes ist der Ehemann von BVG-Chefin Sigrid Nikutta, er unterbrach seine Berufskarriere, um sich um die vier gemeinsamen Kinder zu kümmern.

Man kann das Ziel »Stärkung der Leistungsgesellschaft« unter dem Schlachtruf der Kapitalismuskritik abwatschen. Man kann aber auch dahinter sehen und versuchen, in diesem Bestreben das positive Motiv zu finden. Die »Vereinbarkeit von Familie und Beruf« zu fördern, sollte schon längst nicht mehr ausschließlich geschlechtsspezifisch fokussiert sein. Nicht nur muss Frauen die Sorge darum genommen werden, nach dem Mutterschutz entweder in Vollzeit genötigt oder gleich gekündigt zu werden. Ebenso müssen Männer darin bestärkt werden, dass es okay ist, wenn sie (ihre) Familie in der Prioritätenliste nach oben schieben.

Es ist immer noch Standard, dass die Frau sich kümmert um den Nachwuchs, dass sie pausiert vom Berufsleben, dass sie die Familie »managt«. (Dieses Wort findet immer nur dann Verwendung, wenn sich irgendwer freut, wie toll Mann das macht.) Abermillionen von Frauen kriegen dafür nichts, aber auch gar nichts.

Dass die für ein Umdenken notwendige Generalüberholung gesellschaftlicher Normen mit Preisen gesponsert werden muss, ist traurig genug. Sarah Liebigt

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