Unterschiedliche Bewertungen des Eckpunktepapiers

Historische Einigung mit Iran / UN-Vetomächte + Deutschland und Iran beenden Verhandlungen um Atomprogramm

  • Lesedauer: 7 Min.

Update 3.4., 16.00 Uhr: In der iranischen Hauptstadt Teheran gab es nach der Einigung spontane Straßenfeste. Laut Augenzeugen feierten in ganzen Stadt Zehntausende, zumeist Jugendliche. Ungeachtet der strengen Sittenpolizei tanzten zahlreiche junge Männer und Frauen auf den Straßen.

Außenminister Frank-Walter Steinmeier mahnte, für Jubelstimmung sei es noch zu früh. Doch es seien entscheidende Hindernisse für eine Einigung aus dem Weg geräumt worden. Vor allem der republikanisch geführt US-Kongress kann das bis Sommer angestrebte Abkommen jetzt noch blockieren. Nach seiner Osterpause wollte sich das US-Parlament mit dem Thema befassen.

Obama betonte zudem die Verpflichtungen der USA für die Sicherheit Israels. Trotz der erzielten Rahmenvereinbarungen bestünden die Sorgen über die Drohungen Irans gegenüber Jerusalem weiter, sagte Obama in einem Telefongespräch mit dem israelischen Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu. Washington stehe standfest zu seinen Sicherheitsverpflichtungen, fügte Obama nach Angaben des Weißen Hauses hinzu. Doch die Vereinbarungen seien ein Fortschritt.

Dagegen äußerte sich Netanjahu laut israelischer Presseberichte erneut skeptisch. Die Vereinbarung gefährdeten das Überleben Israels, sagte Netanjahu nach einem Bericht der »Times of Israel« in dem Gespräch. Erst vor wenigen Tagen habe sich der Iran erneut zur Vernichtung Israels bekannt. Die Vereinbarungen würden den Weg Irans zur Atombombe nicht blockieren, sondern ebnen, sagte Netanjahu den Angaben zufolge.

Die internationale Gemeinschaft will jeden technologischen Weg zu einer iranischen Atombombe versperren. Der Regierung in Teheran erhofft sich durch Sanktionsaufhebungen einen ökonomischen Aufschwung.

Der Iran verpflichtet sich, sein nukleares Anreicherungsprogramm bis zu 25 Jahre lang einem mehrstufigen System von Beschränkungen und Kontrollen zu unterwerfen, wie Steinmeier in Lausanne sagte. Alle nuklearen Aktivitäten des Landes unterlägen damit für die Zeit strengster Überwachung durch die Internationale Atomenergiebehörde. Bei Regelverstößen können die Wirtschaftssanktionen aber umgehend wieder in Kraft gesetzt werden.

Historische Einigung im Atomstreit mit Iran

Update 20:20 Uhr: Noch ist der genaue Wortlaut der Einigung nicht öffentlich. Doch einige erste Eckpunkte wurden bereits bekannt:

  • Iran wird mehr als zwei Drittel seiner Uran-Anreicherung auf Eis legen. In iranischen Medien ist die Rede vom Rückbau der bisherigen 19.000 Zentrifugen auf 6.000.
  • Der Großteil des angereicherten Urans soll abgereichert oder ins Ausland gebracht werden. Von 95 Prozent der Bestände ist die Rede.
  • Der Abbau der Zentrifugen soll für zehn Jahre, der Abbazu der Uran-Bestände für 25 Jahre überwacht werden. Veranwortlich ist wie bisher die Internationale Atomenergiebehörde.
  • Sanktionen sollen sofort wieder in Kraft gesetzt werden, sobald Iran gegen die Vereinbarungen verstößt.

Update 19:20 Uhr: In Kürze wollen sich die Verhandlungspartner zu den Details der Einigung äußern. Hier gibt es einen Livestream.

Update 18:55 Uhr: Es ist geschafft: Nach jahrelangen Verhandlungen über das iranische Atomprogramm gibt es einen Durchbruch. Die fünf UN-Vetomächte und Deutschland hätten sich mit dem Iran auf Eckpunkte für eine abschließende Vereinbarung geeinigt, teilte das Auswärtige Amt am Donnerstag auf Twitter mit. Kurz darauf bestätigte auch der iranische Außenminister Mohammed Dschawad Sarif die Einigung.

Update 18.35 Uhr: Bei den Verhandlungen über das iranische Atomprogramm im schweizerischen Lausanne wird am Abend eine Erklärung erwartet. Aus US-Diplomatenkreisen in Lausanne hieß es am Donnerstag, gegen 19 Uhr werde es eine gemeinsame Erklärung der EU und des Iran geben. Die Europäische Union berief eine Pressekonferenz ein und teilte mit, die Medienvertreter sollten »so schnell wie möglich« erscheinen. Den US-Angaben zufolge wird zunächst die EU-Außenbeauftragte Federica Mogherini eine Erklärung auf Englisch vortragen, bevor der iranische Außenminister Mohammed Dschawad Sarif die identische Erklärung auf Farsi verkünden werde. Anschließend werde es weitere Pressekonferenzen geben, etwa von US-Außenminister John Kerry und von Sarif.

Update 17.35 Uhr: Bei den Verhandlungen über das iranische Atomprogramm im schweizerischen Lausanne hat die Europäische Union die anwesenden Journalisten zu einer Pressekonferenz einberufen. Die Medienvertreter sollten »so schnell wie möglich« erscheinen, hieß es am Donnerstagnachmittag am Verhandlungsort. Eine Uhrzeit wurde nicht genannt.

Atomgespräche »auf den letzten Metern«

Berlin. Bei den Atomverhandlungen mit dem Iran geht auch nach Ablauf der selbst gesetzten Frist die Suche nach einer Kompromissformel weiter. Sowohl die fünf UN-Vetomächte plus Deutschland als auch der Iran wollten ein Scheitern der Gespräche im schweizerischen Lausanne verhindern.

Der französische Außenminister Laurent Fabius kehrte in der Nacht zum Donnerstag wieder nach Lausanne zurück. Er hatte den Verhandlungsort am Morgen verlassen, um an der Kabinettssitzung in Paris teilzunehmen. Dabei hatte er erklärt, er werde nach Lausanne zurückkehren, sobald dies »zweckdienlich« sei. Die Verhandlungen befänden sich »auf den letzten Metern«, sagte Fabius. Dies sei allerdings erfahrungsgemäß immer die schwierigste Etappe. »Es ist noch nicht geschafft«, fügte Fabius hinzu. Es stünden noch einige Punkte aus, zu denen Fortschritte erzielt werden müssten. Hierbei sei vordergründig die iranische Seite am Zug. Er hoffe, dass es »so schnell wie möglich« zu einer Einigung komme.

Atomgespräche: Unterhändler fordert Sanktionsstopp
Einigung in Atomgesprächen möglich / Chinas Außenminister ruft zu Kompromissen auf / Israels Ministerpräsident verurteilt mögliches Abkommen als »gewissenlos« - der Newsblog vom Mittwoch zum Nachlesen

US-Außenminister John Kerry werde bis Donnerstagfrüh in Lausanne bleiben, teilte seine Sprecherin Marie Harf in Washington mit. Es gebe zwar Fortschritte, aber noch keine Einigung. Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier hat wegen der der laufenden Atomverhandlungen mit dem Iran seine geplante Reise ins Baltikum. Die Fahrt nach Vilnius, Tallinn und Riga solle möglichst bald nachgeholt werden, hieß es aus deutschen Delegationskreisen in Lausanne.

Bereits seit Tagen verhandeln die UN-Vetomächte (USA, Russland, China, Großbritannien, Frankreich) sowie Deutschland in Lausanne mit dem Iran. Die selbst gesetzte Frist für einen Kompromiss in dem jahrelangen Streit war am Dienstag um Mitternacht abgelaufen. Mit der Verlängerung soll ein Scheitern der Gespräche verhindert werden.

In einem Rahmenabkommen sollen Schritte vereinbart werden, die dem Iran die zivile Nutzung der Atomkraft erlauben, den Weg zu einer Atombombe aber versperren. Dabei geht es auch um die Aufhebung der Wirtschaftssanktionen gegen Teheran. Eine umfassende vertragliche Lösung soll bis Ende Juni stehen.

Nach Einschätzung der USA liegt der Ausgang der Verhandlungen um das iranische Atomprogramm nun allein in den Händen Teherans. Die Islamische Republik müsse die von der internationalen Gemeinschaft geforderten Entscheidungen treffen, sagte US-Regierungssprecher Josh Earnest. Dem Land sei »jede Möglichkeit« gegeben worden, zu einem Abschluss zu kommen. »Wenn wir an diesem Punkt der Verhandlungen keine Einigung erzielen, würde die internationale Gemeinschaft den Iran verständlicherweise zur Verantwortung ziehen.«

Irans Vize-Außenminister Abbas Araghchi hatte zuvor gesagt, am Ende könne eine gemeinsame Pressemittelung zu einer möglichen Grundsatzeinigung stehen. »In der würde dann mitgeteilt, dass Fortschritte und eine Einigung in Grundsatzfragen erzielt worden seien«, sagte er. Die Details sollten dann bis Juli ausgehandelt werden.

In den Verhandlungen will der Westen Garantien dafür, dass das iranische Atomprogramm ausschließlich friedlichen Zwecken dient. Teheran hat stets bestritten, Atomwaffen anzustreben und fordert die Aufhebung von Wirtschaftssanktionen.

Seit Tagen verhandeln Vertreter der fünf UN-Vetomächte und Deutschlands in Lausanne mit dem Iran über ein Rahmenabkommen zum Atomprogramm. Dieses soll verhindern, dass der Iran Atomwaffen entwickelt, dem Land aber die friedliche Nutzung der Kernenergie erlauben. Eine von den Verhandlungspartnern selbst gesteckte Frist für ein politisches Grundsatzabkommen war in der Nacht zum Mittwoch ohne eine Einigung abgelaufen. Agenturen/nd

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