Rückendeckung für Winterkorn

Kein Ende des Machtkampfs bei VW in Sicht - Konzernchef hat starke Verbündete

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Hannover. In der Führungskrise bei Europas größtem Autobauer Volkswagen ist keine schnelle Lösung in Sicht. Auch am dritten Tag nach der Attacke des Konzernpatriarchen Ferdinand Piëch auf VW-Chef Martin Winterkorn war am Montag nicht abzusehen, wie der Machtkampf ein Ende finden könnte. So stand am Montag nach dpa-Informationen keine außerplanmäßige Sitzung des Aufsichtsrats an. Allerdings berichtete das »Handelsblatt«, Winterkorn und Piëch wollten sich demnächst an einen Tisch setzen. Laut dem Blatt soll es »in den kommenden Tagen ein routinemäßiges Treffen zwischen den beiden mächtigen Managern geben«. Piëch hatte sich am Freitag im »Spiegel« von seinem »Ziehsohn« und langjährigen Vertrauten Winterkorn distanziert.

Scheinbar unbeeindruckt von der Kritik absolvierte Winterkorn am Montag seinen Auftritt bei der Hannover Messe. Ohne erkennbare Gemütsregung präsentierte er Kanzlerin Angela Merkel (CDU) und Indiens Premierminister Narendra Modi einen auf dem Subkontinent gebauten Volkswagen. Nachdem Merkel weitergezogen war, fragte der NDR-Hörfunk Winterkorn, ob er etwas zu seiner Zukunft sagen wolle. »Es gibt eine«, antwortete Winterkorn, lachte und verschwand. Am Wochenende hatten Medien aus Winterkorns Umfeld berichtet, er werde sich nicht vom Hof jagen lassen.

Die Machtverhältnisse bei VW

Im Volkswagen-Konzern gibt es eine besonderen Konstellation aus Familienunternehmen, Börsenorientierung, Einfluss der öffentlichen Hand und starkem Betriebsrat. Das alles spiegelt sich auch im 20-köpfigen Aufsichtsrat wider. Ihn leitet der VW-Patriarch und Großaktionär Ferdinand Piëch. Der bald 78-Jährige war früher VW-Vorstandschef und gilt mit seinem Familienstamm Porsche/Piëch als Zentrum der Macht. Der PS-Clan mit Wurzeln beim VW-Käfer-Ingenieur Ferdinand Porsche hält über die schwäbische Porsche-Holding PSE die Mehrheit im VW-Konzern. Durchregieren können die Porsches und Piëchs bei VW dennoch nicht, zumal die Familie nicht immer einer Meinung ist. Denn auf ihrer Kapitalseite stehen zwei der zehn Aufsichtsratssitze dem zweitgrößten VW-Eigner Niedersachsen zu – derzeit durch Ministerpräsident Stephan Weil und Wirtschaftsminister Olaf Lies (beide SPD) besetzt. In der Vergangenheit agierten das Land und die Arbeitnehmerseite oft als Allianz. Die zehn Sitze des Arbeitnehmerflügels im Aufsichtsrat werden geführt von VW-Betriebsratschef Bernd Osterloh. dpa/nd

Dagegen ist Branchenkenner Ferdinand Dudenhöffer von der Uni Duisburg-Essen überzeugt, dass Piëch auch in der aktuellen Krise siegen wird. »Er hat erkannt, dass ohne seine Aktion jetzt viel auf dem Spiel steht«, sagt Dudenhöffer und verweist auf die VW-Dauerbaustellen wie die geringe Marge der VW-Kernmarke, die Winterkorn offensichtlich nicht in den Griff kriege.

Dieser ist Großaktionär und Aufsichtsratschef bei VW. Winterkorn galt bisher als sein enger Vertrauter und auch als Nachfolger an der Spitze des Aufsichtsrates. Nach dessen Ansage steht der Konzernchef nun erheblich unter Druck und alle fragen sich, wie die festgefahrene Situation gelöst werden könnte.

Gewiss sein kann sich Winterkorn der Unterstützung aus Politik und Wirtschaft. »Ihm ist eine Welle der Solidarität entgegengeschwappt«, sagte der Teilnehmer eines VIP-Empfangs auf der Hannover Messe. Auch hat sich im Konzern mit den Gewerkschaftsvertretern, den Vertretern Niedersachsens sowie dem Piëch-Cousin und VW-Großaktionär Wolfgang Porsche bereits eine starke Allianz um Winterkorn formiert. dpa/nd

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