Keine Rettung für kranke Kliniken

Kabinettsentwurf für Änderungen in den Krankenhäusern ruft viele Kritiker auf den Plan

  • Silvia Ottow
  • Lesedauer: 3 Min.
Geht es nach der Bundesregierung, bekommen Kliniken künftig weniger Geld, wenn die Behandlungsqualität nicht genügt. Ein entsprechender Gesetzentwurf wurde zur Beratung ins Parlament geschickt.

Lang ist die Liste der Mängel, die Patienten, Gesundheitspolitiker und Klinken selbst aufstellen, wenn es um die Krankenhausbehandlung geht. Überflüssige Operationen, mangelnde Qualität, schlechte Hygiene, zu frühe Entlassungen und wenig Transparenz beklagen Patienten und Krankenkassen. Ein eklatanter Mangel an Geld und fehlende Investitionen durch die Kommunen werden von den Betreibern geltend gemacht. Die Regierung verabschiedete gestern ihre Vorstellungen über Änderungen in diesem Gesundheitsbereich.

Die von Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) vorgelegte Novelle sieht vor, Zu- und Abschläge für die Qualität einzuführen. »Patienten müssen sich auf eine gute Versorgung im Krankenhaus verlassen können. Deshalb stärken wir die Spitzenmedizin und sorgen dafür, dass sich besonders gute Qualität künftig auch finanziell lohnt«, argumentiert Gröhe. Doch der Vorschlag erhitzt die Gemüter. Übertriebene Bürokratie und Kontrolle sei dies, meint die Krankenhausgesellschaft Nordrhein-Westfalen. Die eigentlichen Probleme in den Kliniken seien der Mangel an Pflegekräften und fehlende Investitionen. Das aber werde nicht erwähnt. Auch die Kassen sehen diesen Vorstoß kritisch. Dass gute Qualität besonders honoriert werden müsse, sei begrüßenswert. Schlechte Leistungen jedoch weiter zuzulassen und mit Abschlägen bei der Vergütung zu versehen, sei keinesfalls im Sinne der Patienten, so der Verwaltungschef der Barmer GEK, Holger Langkutsch. »Schlechte Versorgung in Kliniken gehört deshalb gar nicht bezahlt«.

Krankenhaus in Zahlen
  • 2013 gab es 1996 Krankenhäuser mit 500 000 Betten. Sie sind entweder in öffentlicher, freigemeinnütziger oder privater Hand.
  • 18 787 168 Behandlungsfälle zählte die Statistik 2013, die durchschnittliche Verweildauer pro Fall wird mit 7,5 Tagen angegeben.
  • 146 988 Beschäftigte in den Krankenhäusern zählten 2013 zum ärztlichen Personal, 703 111 zum nichtärztlichen Personal und 316 275 waren Pflegekräfte.
  • Zuletzt lagen die Ausgaben der gesetzlichen Krankenkassen bei 64,84 Milliarden Euro im Jahr. nd

Johann-Magnus Stackelberg vom Spitzenverband der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) kritisiert den Teil des Gesetzes, der sich mit den Investitionen an die Krankenhäuser durch die Bundesländer befasst, zu denen diese verpflichtet sind. Dieser Aufgabe entziehen sie sich seit Jahren und sollen dem Gesetzentwurf zufolge nun lediglich das jährliche Investitionsvolumen im Durchschnitt der Jahre 2011 bis 2014 halten. Damit werde die Unterfinanzierung der Krankenhausinvestitionen faktisch festgeschrieben, so die GKV.

Der Gesetzentwurf befasst sich auch mit den Überkapazitäten bei den Krankenhäusern. Die Kliniken sind nur zu 77 Prozent ausgelastet. Ein Förderprogramm in Höhe von 660 Millionen Euro soll Umstrukturierungen ermöglichen und neue Stellen für Pflegekräfte schaffen. Die Gewerkschaft ver.di kritisierte, der Entwurf biete keine Lösung für den »dramatischen Personalmangel« in den Krankenhäusern. Der Zusammenhang von Versorgungsqualität und genügender Personalstärke werde darin »vollständig ignoriert«. Der Deutsche Städtetag forderte die Regierung zu Nachbesserungen auf. Eine »stabile« Klinikversorgung sei darauf angewiesen, dass laufende Personal- und Betriebskosten sowie dringend benötigte Investitionen finanziert würden.

Das Gesetz soll Anfang 2016 in Kraft treten. Ob das gelingt, hängt vom weiteren parlamentarischen Verfahren ab. Die Reform dürfte auch im Bundestag zu kontroversen Debatten führen, löst sie doch bis 2020 bei den Krankenkassen Mehrausgaben von mehr als fünf Milliarden Euro aus. Zusammen mit anderen kostenintensiven Reformvorhaben im Gesundheitsbereich wird sie die Zusatzbeiträge für die Versicherten in die Höhe treiben.

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