Diese Flüchtlingspolitik muss sich ändern

Anlässlich des Weltflüchtlingstages fordern Hilfsorganisationen rasche Änderungen im Umgang mit Flüchtlingen

  • Lesedauer: 3 Min.
50 Millionen Menschen sind weltweit auf der Flucht. Doch statt eine Lösung finden zu wollen, bauen die Staaten Zäune. Dabei gäbe es Lösungen, die werden nun zum Weltflüchtlingstag wieder laut gefordert.

Mehr als 50 Millionen Menschen weltweit sind auf der Flucht. Viele von ihnen suchen Asyl oder wurden durch Konflikte aus ihrem eigenen Land vertrieben. Ohne ausreichende Nahrung und medizinische Versorgung ist ihre Lage oftmals lebensbedrohlich. Um auf die Not der Heimatlosen aufmerksam zu machen, hat die UN-Vollversammlung den 20. Juni zum internationalen Gedenktag erklärt. Im Bürgerkriegsland Syrien ist die Lage besonders kritisch: Nach Angaben der Vereinten Nationen waren Ende Mai 2015 knapp vier Millionen Syrer auf der Flucht, etwa ein Viertel von ihnen ist unter 25 Jahre alt.

EU mit Flüchtlingspolitik gescheitert

Anlässlich diesen Tages am Samstag hat ein Bündnis von Organisationen ein Umsteuern im Umgang mit den nach Europa kommenden Flüchtlingen gefordert. Die Europäische Union sei »mit ihrer auf Abwehr ausgerichteten Flüchtlingspolitik gescheitert«, erklärte am Freitag der Geschäftsführer der Organisation Pro Asyl, Günter Burkhardt. In ihrem gemeinsamen Vorstoß fordern Pro Asyl, die Diakonie, der Paritätische Wohlfahrtsverband, die Arbeiterwohlfahrt und mehrere Juristenorganisationen, dass Asylsuchende ihr Zufluchtsland frei wählen sollen dürfen.

Bereits als schutzbedürftig anerkannten Flüchtlingen solle das Recht auf Freizügigkeit in der EU gewährt werden, heißt es in der Erklärung weiter. Angesichts der humanitären Krise in Griechenland müsse sofort gehandelt werden, erklärte Burkhardt. So müssten die Erstversorgung und Ausreise aus Griechenland organisiert werden. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) müsse ein »menschenrechtlich motiviertes Hilfspaket« für Griechenland schnüren, forderte der Pro-Asyl-Geschäftsführer.

Tausende unbegleitete Kinder wagen die Überfahrt über das Mittelmeer

Die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch (HRW) stellte zum Weltflüchtlingstag einen 33-seitigen Bericht zur Fluchtbewegung über das Mittelmeer vor, in dem ebenfalls Mängel in der Migrations- und Asylpolitik der EU aufgezeigt werden. Jedes Jahr begäben sich tausende unbegleitete Kinder auf die Überfahrt über das Mittelmeer, 2014 seien auf diese Art 10.500 Kinder nach Italien gelangt, mehr als 1100 nach Griechenland. Im Vorfeld des EU-Gipfels am kommenden Donnerstag und Freitag, bei dem es um Flüchtlingsfragen gehen soll, forderte HRW, die EU solle die Menschenrechte in den Mittelpunkt ihrer Antwort auf die aktuelle Flüchtlingskrise stellen.

Deutsche Institut für Menschenrechte warnt: Flüchtlingspolitik geht in »völlig falsche Richtung«

Die EU-Staaten hätten sich mit ihrem Beitritt zur Genfer Flüchtlingskonvention und zur Europäischen Menschenrechtskonvention zur Achtung der Menschenrechte verpflichtet, erklärte das Deutsche Institut für Menschenrechte. Die jüngst bekannt gewordenen Pläne Ungarns, seine Grenze zu Serbien mit vier Meter hohen Zäunen abzuriegeln, sowie die Pläne der EU, die Grenzen Europas in Libyen mit militärischen Mitteln abzusichern, gingen in die »völlig falsche Richtung«. Das internationale Flüchtlingsrecht garantiere das Recht auf Zugang zu einem Asylverfahren, in dem Anträge auf Schutz vor existenziellen Gefahren geprüft würden.

Ärzte ohne Grenze fordert legale Fluchtrouten

Die Hilfsorganisation Ärzte ohne Grenzen hat die EU-Staaten aufgefordert, legale Fluchtwege nach Europa zu schaffen und eine umfassende Seenotrettung im Mittelmeer zu gewährleisten. Bei der Jahrespressekonferenz in Berlin einen Tag vor dem Weltflüchtlingstag appellierte Florian Westphal, Geschäftsführer von Ärzte ohne Grenzen in Deutschland, an die Bundesregierung, Konsequenzen aus den zahlreichen Todesfällen im Mittelmeer zu ziehen.

»Menschen, die fliehen müssen, müssen fliehen können«, sagte Westphal, der gerade von einem Projektbesuch auf Sizilien zurückgekehrt ist. »Die EU muss ihre derzeitige Politik drastisch ändern. Die europäischen Staaten zeigen vereinten politischen Willen darin, Schleuser zu bekämpfen und die Boote zu versenken, statt sich auf die Menschen in den Booten zu konzentrieren. Deutschland als einflussreiches Mitglied der EU muss dafür sorgen, dass die Vermeidung weiterer Todesfälle zur Priorität gemacht wird.« Agenturen/nd

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