»Horrornacht« in Freital

Mit Baseballschläger gegen Antifaschisten

  • Johannes Richter
  • Lesedauer: 3 Min.

In Freital bei Dresden ist es in der zweiten Nacht in Folge vor einer Asylunterkunft zu Protesten von Rechten gekommen. Dabei kam es am Dienstagabend zu tätlichen Angriffen auf Personen, die sich schützend vor das Heim gestellt hatten. Bereits am Vorabend waren bei einem spontanen Aufmarsch von Flüchtlingsgegnern Böller und andere Feuerwerkskörper gezündet worden. Um einen Angriff auf das Heim zu verhindern, versammelten sich am Dienstagabend etwa 200 Antifaschisten zu einer Kundgebung vor der Flüchtlingsunterkunft. Ihnen standen 80 Gegner gegenüber, aus deren Reihen vereinzelt Eier geworfen wurden. Pegida-Chef Lutz Bachmann, der gute Kontakte nach Freital pflegt, hatte im Vorfeld auf Facebook mit den Worten »Auf die Straße, Leute! Wehrt Euch!« zu Aktionen aufgerufen und nannte die Unterkunft ein »Glücksritter-Heim«.

Nachdem die beiden Versammlungen gegen 23 Uhr aufgelöst wurden, gerieten die überwiegend angereisten Flüchtlingsunterstützer ins Visier der rechten Protestierer. Berichten zufolge verfolgten mehrere Autos mit Neonazis ein angereistes Fahrzeug und drängten es auf einen Parkplatz ab. Auf diesem sollen die Verfolger mit einem Baseballschläger eine Scheibe des Wagens eingeschlagen haben. Dabei soll eine Person durch herumfliegende Scherben verletzt worden sein. Das Operative Abwehrzentrum (OAZ) hat die Ermittlungen aufgenommen. Die Polizei habe wenig später eines der Verfolgerautos in der Nähe gestoppt und die Insassen kontrolliert, sagte eine Sprecherin des OAZ. Festnahmen habe es nicht gegeben. In der Nacht bedrohten zudem etwa 20 Nazis wartende Antifaschisten aus Leipzig. Zuvor waren zwei Autoreifen ihres Fahrzeugs zerstört worden. Wie eine Augenzeugin gegenüber »nd« berichtete, habe die Polizei zu diesem Zeitpunkt die Situation nicht unter Kontrolle gehabt. Sie sprach von »einer echten Horrornacht«.

Sachsens Grünen-Landesvorsitzender Jürgen Kasek gibt der sächsischen Landesregierung eine Mitschuld an der Situation. In Sachsen erlebe man seit Pegida eine »Verschiebung des Diskussionsrahmens«. Positionen, die sonst nicht offen geäußert wurden, würden nun offensiv ausgesprochen. »Und wenn das dann noch durch die Politik transportiert wird, schafft das die Stimmung für eine Eskalation.« Auch die Migrationsexpertin der LINKEN, Juliane Nagel, spricht von einem wenig sensiblen Vorgehen des Innenministeriums. »Die Verantwortlichen setzen die körperliche Unversehrtheit der Flüchtlinge, die Ruhe sowie eine sensible Versorgung und Betreuung brauchen, aufs Spiel«, erklärte sie.

Pfarrer Markus Beulich rief dazu auf, »eine verfehlte Flüchtlingspolitik nicht auf dem Rücken der betroffenen Flüchtlinge auszutragen«. Er vermisse von Seiten der Stadtverwaltung ein klares Bekenntnis zu einer Willkommenskultur im Ort. Freitals Oberbürgermeister Klaus Mättig (CDU) war für eine Stellungnahme zunächst nicht zu erreichen. Unterdessen hieß es in rechten Aufrufen, die am Mittwoch im Internet verbreitet wurden: »Stellt Euch diesen Linken entgegen und zeigt ihnen, dass dies unsere Stadt ist. «

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